Markus Z.* arbeitet seit 35 Jahren bei der Post, seit mehr als zehn als Paketbote. «Ich liebe meinen Job. Doch was wir in den vergangenen Wochen und Monaten erleben mussten, mache ich nicht mehr lange mit.»
Grund für seinen Ärger ist die «dynamische Laufroutenplanung», Dyla genannt. Nach einer Pilotphase 2022 wurde das neue System im laufenden Jahr gesamtschweizerisch eingeführt. Dyla soll die Paketzustellung optimieren. Viele langjährige Mitarbeitende empfinden die Umstellung jedoch als deutliche Verschlechterung ihres Arbeitsalltags, vor allem in der stressigen Vorweihnachtszeit.
Unberechenbar und gefährlich
«Mit der neuen App werden die Pakete nicht mehr nach Strasse sortiert und ausgeliefert, sondern nach dem sogenannten ‹Stock›-System», sagt Z. Es sei unberechenbar, unökologisch und sogar potenziell gefährlich.
Unberechenbar, weil die Reihenfolge der Auslieferung für die Fahrer nicht mehr nachvollziehbar sei, im Transporter mehr Sortierarbeit anfalle – und die App nicht immer funktioniere.
Unökologisch, weil das System mitunter verlange, nicht alle Pakete pro Strasse oder Dorf abzuladen, sondern die Fahrer mehrmals in die gleiche Strasse oder ins gleiche Dorf zurückschicke.
Potenziell gefährlich, weil das System keine Rücksicht auf die Strassenseite nehme: «Nach der Schulstrasse 2 und 4 folgt die 5 – und wir müssen über die Strasse rennen, um ein Paket abzuliefern.»
Für rote Köpfe sorgt auch das Kartenmaterial der App: «Einbahnstrassen werden oft nicht erkannt – und x-mal sollen Pakete an einem Standort ausgeliefert werden, wo sich der Briefkasten auf der anderen Seite des Gebäudes befindet», so Paketbote Z.
Stress ohne Ende
Zudem habe sich der Kampf gegen die Uhr seit Einführung von Dyla verschärft: «Mit dem neuen System sollen wir den Kunden auf 15 Minuten genau mitteilen können, wann ihr Paket ankommt. Da die Prognosen der App aber stets zu optimistisch sind, fahren wir nun den ganzen Tag einer stetig wachsenden ‹Verspätung› hinterher.» Ein Stressfaktor.
Die Verantwortlichen bei der Post wissen vom Unmut des Personals: «Wir sind uns bewusst, dass es gerade für langjährige Pöstlerinnen und Pöstler eine grössere Umstellung ist, ‹nach Plan› zu fahren», sagt eine Sprecherin. Es erfordere viel Anpassungsfähigkeit, dafür sei man allen Beteiligten dankbar.
Gleichzeitig betont das Unternehmen, die Tourenplanung sei inzwischen so komplex geworden, dass man für die Sortierung der Pakete technologische Unterstützung benötige. «Die Post kann durch die dynamische Planung viel schneller und flexibler auf Mengenschwankungen oder besondere Anforderungen der Zustellung reagieren.»
Insgesamt sieht der Konzern die Einführung von Dyla «auf Kurs»: «Wir erhalten heute von Botinnen und Boten überwiegend positives Feedback», so die Sprecherin.
Bei den Arbeitnehmervertretern klingt es anders. «Wir haben die Bedenken im Zusammenhang mit dem neuen System wiederholt vorgetragen», sagt ein Sprecher der Gewerkschaft Syndicom. Die Post habe versprochen, die Probleme anzugehen. Bisher jedoch nicht mit dem gewünschten Ergebnis.