Als vor einem Jahr bekannt wurde, dass Roberto Cirillo (48) neuer Post-Chef wird, titelte der SonntagsBlick: «Roberto Risiko». Der Grund für die Warnung: Cirillo war zu Beginn seiner Karriere acht Jahre lang für McKinsey tätig – für ein Beratungsunternehmen, das wie kaum ein anderes im Ruf steht, Firmen mit Entlassungen auf Effizienz zu trimmen.
Die Befürchtungen, der Neue könnte beim gelben Riesen den Rotstift ansetzen, erwiesen sich bis jetzt als unbegründet. CEO Cirillo gab sich in den ersten Monaten handzahm, suchte den Kontakt zur Basis: Im Berner Oberland war er als Pöstler unterwegs, in der Romandie schob er Schalterdienst, in Härkingen SO schuftete er im Paketzentrum.
Externe Berater beleuchten «letzte Meile»
Doch Cirillo liess es nicht dabei bewenden, sich selbst ein Bild von seinem Unternehmen zu machen. Seit seinem Amtsantritt im April 2019 wurden auch externe Berater ins Haus geholt: Im Mai bekam das US-Beratungsunternehmen Bain & Company den Auftrag, den Staatsbetrieb bei der «Strategieentwicklung Post 2024» zu unterstützen.
Um «die letzte Meile» der Paket- und Briefzustellung auf ihre Effizienz zu überprüfen, engagierte die Post im Oktober auch McKinsey, wie der «Tages-Anzeiger» vergangene Woche publik machte. Dieser Tage entscheidet sich zudem, wer dem Konzern in folgenden Bereichen unter die Arme greifen darf: «Mergers & Acquisitions» (Fusionen und Unternehmenskäufe), «Projektmanagement», «Compliance» (Regelkonformität), «Unternehmensberatung» und «Strategieberatung».
Diese Beratungsaufträge hat die Post Mitte September auf Simap ausgeschrieben, dem Informationssystem über das öffentliche Beschaffungswesen.
Syndicom warnt die Postspitze
Worum es dabei im Detail geht, behält das Unternehmen für sich. Sprecherin Jacqueline Bühlmann betont aber, dass es um die Erneuerung einer früheren Ausschreibung geht. Die sei «unabhängig vom Antritt des neuen CEO» publiziert worden. Näheres wolle man «aus beschaffungsrechtlichen Gründen» nicht mitteilen.
Auch Matthias Loosli von der Gewerkschaft Syndicom weiss nicht, was hinter diesen Aufträgen steckt. Er warnt die Postspitze aber vor Abbaumassnahmen: «Die Post betont selbst, wie wichtig motivierte Angestellte sind. Die Führung tut gut daran, ihnen Sorge zu tragen – sonst werden wir sie daran erinnern!»
Nicht nur aus dem genauen Auftrag, auch aus den Kosten für die externen Berater macht die Post ein Geheimnis. Sprecherin Bühlmanns Begründung: «Im Gegensatz zu Materialbeschaffungen kann der Bedarf an Beratung nicht fix im Voraus definiert werden.» Die Stundenlöhne der engagierten Experten wiederum lege der Konzern «aus vertraglichen sowie beschaffungsrechtlichen Gründen» nicht offen. Der einzige Hinweis darauf, wie viel die Post für die Externen ausgibt, findet sich deshalb in den Finanzberichten. Dort wird – leider kumuliert und nur für die Vergangenheit – der «Beratungs-, Büro- und Verwaltungsaufwand» ausgewiesen.
Innert fünf Jahren haben die Kosten dieser Position von 202 auf 277 Millionen Franken zugenommen.
Doch auch, wie viel davon tatsächlich in externe Beratung geflossen ist, will die Post nicht sagen. Bühlmann: «Bei den Einzelpositionen handelt es sich um interne Unternehmenszahlen, die wir nicht öffentlich kommunizieren.» Die Zunahme sei aber dem «grundlegenden Strukturwandel» geschuldet. Um sich für die Zukunft fit zu halten und die digitale Transformation erfolgreich mitzugestalten, habe die Post in den letzten Jahren in strukturelle Änderungen bei der Organisation investiert.
Diese Argumentation überzeugt Gewerkschafter Loosli nicht: «Die hochbezahlten Manager der Postführung sollten eigentlich selbst über die notwendige Expertise verfügen.» Schliesslich sei der Wandel im Logistikmarkt nichts Neues.