Im Schweizer Gesundheitswesen bahnt sich eine gefährliche Entwicklung an: Zahlreiche Spitäler ködern heute ihre Chefärzte mit Bonus-Löhnen und Mengenvereinbarungen, wie die «Sonntagszeitung» berichtet. «Es besteht die Gefahr, dass die Ärzte medizinisch nicht gerechtfertigte Eingriffe und Diagnose-Verfahren vornehmen. Das ist sehr störend und gefährlich», sagt Hans-Ueli Würsten, Präsident des Vereins der Leitenden Spitalärzte der Schweiz (VLSS).
Auch die Ärzteorganisation FMH schlägt jetzt Alarm. «Ein Bonus ist gefährlich. Er verleitet die Ärzte dazu, schneller zu operieren, nur damit sie besser verdienen», sagt FMH-Vizepräsident Pierre-François Cuénoud. Laut Cuénoud widerspricht ein Bonus-Lohnvertrag auch der Standesordnung der FMH. Recherchen zeigen, dass es Spitäler gibt, die ihren Chefärzten einen Bonus auszahlen, der fast 50 Prozent des gesamten Lohns ausmacht.
Zudem liege der «Sonntagszeitung» eine Leistungsvereinbarung vor, die belege, wie die Direktoren ihre Ärzte mit Mengenvorgaben unter Druck setzen. Modelle mit Boni respektive variablen Lohnanteilen haben die Kantonsspitäler St. Gallen, Nidwalden, Zug und Luzern, sowie die Spitäler in Thun BE und Wetzikon ZH. Auch die Hirslanden-Gruppe zahlt ihren angestellten Ärzten «in Ausnahmefällen» einen variablen Lohnanteil. Das Kantonsspital Aarau will per Anfang 2016 ein Lohnmodell mit «leistungsbezogenen Komponenten» einführen. Zur Debatte stehen die neuen Vergütungen am Kantonsspital Uri und bei der Solothurner Spitäler AG.