Das stattliche Salär von SBB-Chef Andreas Meyer (57) gibt weiterhin zu reden. Nachdem sich die neue Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga (58, SP) klar für eine Kürzung des Lohns um vier Prozent ausgesprochen hatte, gingen die Wogen bei den SBB hoch.
Es war Monika Ribar (59), die sich hinter Meyer stellte. In einem Brief hatte sich die SBB-Verwaltungsratspräsidentin offenbar noch vor dem Entscheid an den Bundesrat gewandt. Darin legte sie dar, dass die Gefahr drohe, Meyer könnte die Firma verlassen, sollte er nicht den beantragten Lohn erhalten. Aktuell verdient der SBB-Chef knapp über eine Million Franken. Explizit ist in der «NZZ» von einem «separaten Schreiben» von Ribar die Rede.
Von BLICK darauf angesprochen, heisst es bei den SBB: «Es gibt kein separates Schreiben von Monika Ribar an den Bundesrat, sondern einen schriftlichen Austausch des Gesamtverwaltungsrates SBB mit den Eignerstellen UVEK und EFD. Damit begründete der Verwaltungsrat SBB im Vorfeld die Anträge zuhanden der Generalversammlung.» Mehr wollen die SBB dazu nicht sagen.
SBB-Führung und Bundesrat auf einer Linie
Fakt ist: Der Bundesrat erwartet bis spätestens 2020 «eine Senkung der maximalen Vergütung der obersten Leitungsorgane» von bundesnahen Betrieben. So hatte es der Bundesrat noch unter Doris Leuthard (55, CVP) bereits vor einem Jahr beschlossen. Das wusste auch die Führungsriege der SBB.
Laut Medienberichten hatte die CVP-Bundesrätin mit dem SBB-Verwaltungsrat ausgemacht, dass die «Erwartungen» des Bundesrats betreffend Chefentschädigung erst für den kommenden CEO gelten sollen. Damit sollte Meyers Salär gesichert werden, solange er im Amt ist. Eine bundesratsnahe Quelle sagt jetzt gegenüber BLICK, dass es sogar Absprachen gegeben haben soll zwischen der SBB-Führung, Leuthards Departement und SVP-Bundesrat Ueli Maurer. Bereits gestern Montag berichtete der Medienverbund CH Media von Absprachen.
Auf diese Absprachen angesprochen, wollten die SBB gegenüber BLICK auf konkrete Fragen ebenfalls keine Auskunft geben.
Politik fordert Transparenz
Auf dem Berner Politparkett sorgt der «Deal» der Regierung mit der SBB-Führung für rote Köpfe. «Wenn die Regierung hinterrücks plötzlich eine Ausnahme für den SBB-Chef gewährt, macht sie sich unglaubwürdig», sagt Adrian Wüthrich (38), SP-Nationalrat und Präsident von Travailsuisse. Mit dieser Ausnahmeregelung für Meyer werde das Vertrauen in die SBB beschädigt und eine Unternehmenskultur gefördert, die nicht zu einem Service-public-Unternehmen passe.
Die Präsidentin der nationalrätlichen Verkehrskommission, die SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher (55), zeigt sich irritiert: «Mein Kenntnisstand ist noch immer, dass der Bundesrat alle Löhne der Chefs von bundesnahen Betrieben ab 2020 bei maximal einer Million Franken begrenzt. Sollte das jetzt geändert haben, erwarte ich, dass die Landesregierung sich erklärt.»
Ist Meyer noch glaubwürdig?
Antoinette Weibel (49), Direktorin am Forschungsinstitut für Arbeit und Arbeitswelten an der Universität St. Gallen, kennt die Fallstricke bei der Vergütung aus dem Effeff. Die Grenze für Managerlöhne bei bundesnahen Betrieben könne durchaus bei einer Millionen Franken liegen. «Wichtiger ist aber, wie Löhne kommunziert werden», sagt Weibel. Letztlich gehe es um die Fragen, ob der Lohn eines Managers nachvollziehbar sei und was als Begründung genannt werde.
Für den Solothurner Stadtpräsidenten und FDP-Nationalrat Kurt Fluri (63) macht der SBB-Chef aber genau hier eine schlechte Falle: «Es wäre eigentlich unerheblich, ob Herr Meyer einige Tausend Franken mehr oder weniger verdient. Der Bundesrat hätte diesen Entscheid aber durchziehen müssen, um nicht unglaubwürdig zu werden.»
Neuer Anlauf gegen hohe Löhne
Klar ist: Die Lohndebatte wird das Parlament und den Bundesrat weiter beschäftigen. SP-Nationalrat und Unia-Gewerkschafter Corrado Pardini (53) denkt laut darüber nach, einen neuen Anlauf gegen «Abzocker-Löhne» zu nehmen. Bereits in einer 2016 eingereichten Motion forderte der SP-Nationalrat, dass bei bundesnahen Betrieben eine Lohnobergrenze von 500'000 Franken eingeführt werden solle.
Der Ständerat versenkte Pardinis Vorstoss damals, weil Ueli Maurer dem Rat eine Lohndeckelung durch den Bundesrat versprach. Da die Decklung offenbar nicht konsequent durchgesetzt wird, könnte sich das Blatt nun wieder wenden.