«Die Bemühungen der Vereinigten Staaten, die Wahrheit über die Emissionsüberschreitungen und andere Ungereimtheiten zu erfahren (...), wurden behindert und gehemmt durch das Vorenthalten von Material und irreführende Informationen, die VW zur Verfügung gestellt hat», heisst es in der Klageschrift der US-Regierung, die das Justizministerium am Montagabend in Washington vorgelegt hatte.
So führt die Klage auf, dass VW schon seit Mai 2014 mit der US-Umweltschutzbehörde EPA über die verdächtigen Abgaswerte bei Zwei-Liter-Motoren diskutierte, die Manipulation aber erst im September 2015 zugab. Auch das anfängliche Leugnen geschönter Emissionen bei Drei-Liter-Motoren noch im November prangert die Justiz an.
Insgesamt wirft die US-Regierung VW damit nicht nur einen, sondern vier Verstösse gegen das US-Luftreinhaltegesetz, den Clean-Air-Act vor: Entwicklung und Einbau der Manipulationsvorrichtung, die Manipulation an sich, Import und Verkauf der Autos sowie Versäumnisse beim Offenlegen.
Die in Detroit im US-Bundesstaat Michigan eingereichte Klage richtet sich neben VW auch gegen die ebenfalls vom Skandal betroffenen Konzerntöchter Audi und Porsche. Die drohenden milliardenschweren Strafen staffeln sich nach verschiedenen Paragrafen, Modelljahren und Motorgrössen. Sie reichen teils bis zu knapp 40'000 Dollar pro Fahrzeug und Verstoss.
Der Autobauer hatte im vergangenen Jahr eingeräumt, bei fast 600'000 Dieselfahrzeugen in den USA den Grenzwert für den Stickoxid-Ausstoss nur im Prüfstand über eine illegale Software einzuhalten, im normalen Betrieb aber weit darüber zu liegen. Weltweit wurden rund elf Millionen Fahrzeuge manipuliert.
Anleger reagierten schockiert auf die mögliche Milliardenstrafe in den USA. An der Börse brachen die Volkswagen-Aktie am Dienstag zeitweise um sieben Prozent ein auf Kurse um 118 Euro.
Nach Einschätzung von Analysten wird die von der US-Umweltschutzbehörde EPA verlangte Strafe am Ende wahrscheinlich aber deutlich niedriger ausfallen, wie ähnliche Fälle in der Vergangenheit gezeigt haben. «Es ist nicht unüblich für die EPA, eine sehr hohe Summe zu fordern und diese dann runter zu verhandeln», sagte Kirk Junker, Professor für US-Umweltrecht an der Universität Köln.
So wurde Toyota wegen Verstössen gegen die Luftreinhaltung mit 2,2 Millionen Fahrzeugen zu 34 Millionen Dollar verdonnert - gedroht hatten zunächst 58 Milliarden Dollar. «Bei solchen Strafen werden immer astronomische Zahlen genannt, aber am Ende wird es einen Vergleich geben, der weitaus geringer ausfällt», erklärte Arndt Ellinghorst vom Analysehaus Evercore ISI. «Eine Grössenordnung von 90 Milliarden Dollar würde VW in den finanziellen Ruin stürzen», ergänzte er.
Ein VW-Konzernsprecher sagte am Dienstag, das Unternehmen sei in ständigem Austausch mit den Behörden. VW prüfe die Klage im Detail.