Über Jahre hinweg habe die Regierung «kein einziges Mal die Angaben der Automobilindustrie kontrolliert», sagte Resch Mittwoch früh im Deutschlandfunk. Lediglich die Unterlagen der Hersteller seien auf Plausibilität geprüft worden, Messungen habe es nicht gegeben.
Die deutsche Regierung wisse zudem «seit vielen Jahren», dass die Angaben der Hersteller zu den Emissionswerten deutlich von dem abwichen, was die Fahrzeuge tatsächlich in die Luft bliesen.
Das Problem betrifft in Deutschland laut Resch nicht nur VW; «einige andere Hersteller» würden «das Gleiche tun». Die Deutsche Umwelthilfe oder auch das Umweltbundesamt hätten die Regierung «fortwährend» auf die Diskrepanzen aufmerksam gemacht.
Auch die Grünen im Bundestag warfen der Regierung vor, mindestens seit Juli dieses Jahres von Abweichungen gewusst zu haben. Dies gehe aus einer Anfrage der Partei an das Bundesverkehrsministerium hervor, erklärte die Bundestagsfraktion.
In der der Nachrichtenagentur AFP vorliegenden Antwort der Berliner Regierung heisst es, sie teile «die Auffassung der Europäischen Kommission, dass das Konzept zur Verhinderung von Abschalteinrichtungen sich in der Praxis bisher nicht umfänglich bewährt hat». Eine Abschalteinrichtung zur Kontrolle von Schadstoffausstössen steht im Mittelpunkt der Affäre um Volkswagen.
Das deutsche Verkehrsministerium wies die Vorwürfe zurück. Ihm lägen «keinerlei Erkenntnisse über den Einsatz von Abschalteinrichtungen vor. Andere geäusserte Vermutungen sind falsch», teilte das Ministerium am Dienstagabend mit.
Der europäische Autoverband ACEA sieht keine Anzeichen dafür, dass der Skandal um manipulierte Abgaswerte beim weltgrössten Autobauer VW ein Problem für die ganze Branche ist. Der Verband nehme die Situation aber sehr ernst.
Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig sind derweil nach Angaben des niedersächsischen Justizministeriums mehrere Strafanzeigen «aus der Bevölkerung» gegen Verantwortliche von VW eingegangen. In Betracht komme unter anderem Betrug zu Lasten von Autokäufern, sagte ein Ministeriumssprecher. Die Anzeigen würden derzeit geprüft.
Volkswagen hat zugegeben, die Abgaswerte von Fahrzeugen in den USA manipuliert zu haben. Mittels einer Software wurde der Schadstoffausstoss nur bei offiziellen Tests vollständig kontrolliert, nicht aber beim normalen Betrieb der Autos.
Die Dieselfahrzeuge stiessen folglich im regulären Strassenverkehr mehr Stickoxide aus als erlaubt. Stickoxide werden als gesundheitsschädlich eingestuft und können zu Atemwegserkrankungen führen. Am Dienstag hatte VW bekanntgegeben, dass die Software in weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen steckt. (sda)