Mit dem Kahlschlag in den letzten Wochen reagieren die Schweizer Hilfswerke auf die Neuausrichtung der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza). Den jüngsten Abbau gab am Freitag das katholische Hilfswerk Caritas bekannt. Caritas schliesst in den kommenden Monaten in fünf von zwanzig Ländern ihre Büros. Betroffen sind Bangladesch, Indien, Kenia, Palästina und Kolumbien.
Der Auslöser: «Die Einnahmen aus dem Programmbeitrag der Deza werden sich ab 2021 um 2,5 Millionen Franken verringern», sagt Caritas-Direktor Hugo Fasel (63) dem BLICK. Auch bei Geldern aus der Humanitären Hilfe der EU-Kommission (ECHO) erwartet Caritas Ausfälle. Dass immer mehr neue Konkurrenten in den Schweizer Spendenmarkt drängen, sei kein neues Phänomen.
«Mit der Konzentration des Länderportfolios bereitet sich Caritas auf die bevorstehenden Geldausfälle vor», führt Fasel aus. So könne Caritas in den einzelnen Ländern effektiver und effizienter arbeiten und die Chancen bei internationalen Ausschreibungen verbessern, erklärt er. Ein Stellenabbau sei nicht nötig.
Druck von Politik und Konkurrenz
Hingegen muss sich Konkurrent Heks, das Hilfswerk der evangelischen Landeskirchen, nicht nur aus drei Ländern zurückziehen, sondern global auch 25 Mitarbeiter entlassen. Um weiter Kosten zu sparen, wird Heks mit der Hilfsorganisation Brot für alle (BFA) fusionieren. Heks sieht sich mit einem härteren Kampf um Spender konfrontiert.
Auch der Druck aus der Politik hat laut Heks zugenommen, weil der Bundesrat seine Entwicklungszusammenarbeit mehr an den wirtschaftlichen und migrationspolitischen Interessen der Schweiz orientiere. Das Kinderhilfswerk Terre des hommes aus Lausanne wiederum baut 60 Stellen wegen finanzieller Schieflage ab.
Laut dem Direktor des Center for Philanthropy Studies in Basel, Georg von Schnurbein (42), hat die Konkurrenz hierzulande in den letzten Jahren sicherlich zugenommen. Viele Organisationen aus dem Ausland versuchten, etwas vom Spendenkuchen abzubekommen. Allerdings hätten viele Organisationen und Institutionen aus Kultur, Bildung und Forschung – die vermehrt professionelles Fundraising betrieben – einen wesentlicheren Einfluss auf den Kampf um den Spendenkuchen.
Von Schnurbein betont: «Oftmals sind staatliche Beiträge oder auch Beiträge von anderen Organisationen für Hilfswerke viel wichtiger als Spenden.» Also auch die Mittel, die die Deza derzeit kürzen will. Der Philanthropie-Experte erwartet noch mehr Zusammenschlüsse.
Helvetas betont Bedeutung der Deza-Gelder
Sorgen darüber, dass der Bund künftig weniger Geld für Hilfswerke zur Verfügung stellt, macht sich auch das Schweizerische Rote Kreuz (SRK). Neubesetzungen von vakanten Stellen und geplante Ausgaben würden kritischer geprüft als bisher, sagt eine SRK-Sprecherin.
Bei Helvetas sei die finanzielle Situation stabil, erklärt ein Sprecher. Die Programmbeiträge des Bundes seien aber wichtig: «Die momentan diskutierten Kürzungen der Deza, welche ab 2021 wirksam würden, würden eine Schliessung von Länderprogrammen unumgänglich machen.»