Ab 2017
EU stopft Apples Steuerschlupf-Löcher

Luxemburg – Die EU-Finanzminister haben die letzten Differenzen beim automatischen Informationsaustausch für Steuer-Rulings mit grenzüberschreitender Wirkung ausgeräumt: Dank grösserer Transparenz sollen Grosskonzerne künftig schwieriger Steuerschlupflöcher ausnutzen können.
Publiziert: 06.10.2015 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:33 Uhr

«In sehr kurzer Zeit haben wir unter den Mitgliedstaaten einen Konsens erreicht», sagte der Luxemburgische Finanzminister Pierre Gramegna, der am Dienstag das Treffen der EU-Minister in Luxemburg geleitet hatte.

EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici bezeichnete das Ergebnis gar als «Revolution», obwohl der Vorschlag der EU-Kommission von den EU-Staaten in mehreren Punkten abgeschwächt wurde. «Ich kann mich an kein Projekt erinnern, das so schnell realisiert wurde.» Und er habe sicherlich schon rund 20 Jahre mit den EU-Institutionen zu tun.

Erst letzten März präsentierte die EU-Kommission einen Vorschlag, Steuer-Rulings mit grenzüberschreitender Wirkung systematisch unter den EU-Mitgliedstaaten auszutauschen.

Auslöser dafür war die so genannte «LuxLeaks»-Affäre. Damals wurde bekannt, dass dank Steuer-Vorbescheide Grosskonzerne in Luxemburg kaum Steuern bezahlen. Daher war Luxemburg, das zurzeit die EU-Präsidentschaft inne hat, besonders viel daran gelegen, die Vorlage noch bis Ende Jahr unter Dach und Fach zu bringen.

In Rulings legt eine Steuerbehörde einem Unternehmen dar, welche Steuerregeln wie zur Anwendung kommen. Dies gibt dem Unternehmen Planungs- und Rechtssicherheit. Gewisse Staaten interpretieren diese Steuer-Vorbescheide jedoch sehr breit und gewähren Unternehmen dadurch grosszügige Steuerprivilegien.

Diverse Arbeitsgruppen hatten vieles vorgespurt: Einig waren sich die EU-Staaten etwa darin, dass bis fünf Jahre zurück die Steuer-Rulings ausgetauscht werden sollen - und zwar, wie nun bekannt wurde, von 2017 an rückwärts gerechnet. Gramegna gab zu bedenken, dass die meisten Rulings sowieso zeitlich begrenzt sind und viele für eine Dauer von fünf Jahre gelten.

Die EU-Kommission forderte ursprünglich einen Austausch bis zehn Jahre zurück. Vielen EU-Mitgliedstaaten ging das jedoch zu weit. Sie kritisierten den administrativen Aufwand und die Kosten. Trotz der verkürzten Frist gab sich Moscovici zufrieden. Schliesslich hätten sich einige Staaten anfänglich fast «feindselig» gegen eine Rückwirkung ausgesprochen.

Trotz allem mussten die EU-Finanzminister am Dienstag noch letzte Differenzen ausräumen - beispielsweise in Bezug auf den Anwendungsbereich. So einigten sich die EU-Finanzminister darauf, dass nicht nur geltende Steuer-Rulings ausgetauscht werden sollen, sondern auch zusätzlich solche, die seit 2014 nicht mehr in Kraft sind. Damit habe man den Anwendungsbereich gar erweitert, fügte Gramegna an.

Auch war man sich im Vorfeld nicht einig geworden, ob die Rückwirkung bei der Informationspflicht für Klein- und Mittelunternehmen (KMU) gelten soll oder nicht.

Neu sollen KMU mit einem Jahresumsatz von unter 40 Millionen Euro bis 1. April 2016 vom Informationsaustausch ausgenommen werden. Dies gilt jedoch nicht für Unternehmen, die sich auf «Finanz- oder Investitionsaktivitäten» spezialisiert haben, wie es im entsprechenden Artikel heisst.

Einig waren sich die EU-Staaten bei der Rolle der EU-Kommission: Diese soll Informationen über die Steuer-Vorbescheide nur in anonymisierter Form erhalten. Brüssel forderte anfänglich umfassenden Zugang zu den Rulings. Viele EU-Mitgliedstaaten hatten jedoch Bedenken wegen des Datenschutzes. Laut Moscovici erhält die EU-Kommission jedoch genügend Informationen, um gegebenenfalls zu intervenieren.

Mit Blick auf das G20-Treffen der Finanzminister in der peruanischen Hauptstadt Lima, wo der OECD-Aktionsplan gegen legale Steuertricks von Grosskonzernen in dieser Woche verabschiedet werden soll, sagte Gramegna, mit der «heutigen Vereinbarung senden wir ein sehr starkes Signal». Und Moscovici bezeichnete die EU als Vorreiterin.

Der automatische Informationsaustausch von Steuer-Vorbescheiden soll künftig nur unter den EU-Staaten gelten. Mit Drittstaaten wie der Schweiz ist ein solcher Informationsaustausch bisher nicht vorgesehen. Allerdings hat die Schweiz am OECD-Aktionsplan gegen legale Steuertricks - inklusive Steuer-Rulings - mitgearbeitet.

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