66 Prozent mehr Anrufe beim Sorgentelefon
Die Job-Angst der Eltern ist die Not der Kinder

Kinder greifen vermehrt zum Sorgentelefon. Doch nicht nur wegen Stress in der Schule und Beziehungsproblemen. Denn immer häufiger sind Arbeitslosigkeit der Eltern der Grund.
Publiziert: 08.02.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 18:52 Uhr
Job-Ängste der Eltern können bis zu den Kleinsten durschlagen.
Foto: Keystone
Onur Ogul

Diese Zahlen machen betroffen: 7294 Mal klingelte das Sorgentelefon für Kinder im vergangenen Jahr. Das sind 2900 Mal mehr als im Vorjahr – ein Plus von 66 Prozent! Und so viel wie seit Jahren nicht mehr. Denn seit 2004 nahm die Zahl der Anrufer stetig ab bis zum Jahr 2014.

Neben Beziehungsproblemen und Stress in der Schule lasse die Angst vor einer Arbeitslosigkeit von Mutter und Vater vermehrt Kinder zum Sorgentelefon greifen, sagt Daniel Peyer (39), der die Zahlen exklusiv für BLICK auswertete. «Die Kinder spüren die Anspannung ihrer Eltern, wenn diese zum Beispiel ihre Stelle verlieren», erklärt der stellvertretende Geschäftsleiter der gemeinnützigen Institution weiter. Sie berät seit 1978 Kinder in Krisensituationen. Das Durchschnittsalter der Anrufer liegt zwischen neun und 15 Jahren.

Auf dem Schweizer Arbeitsmarkt jagt eine Hiobsbotschaft die andere. Alstoms Ankündigung Mitte Januar, im Aargau 1300 Stellen zu streichen, erschütterte die Schweiz. Es folgten zuletzt Credit Suisse mit  insgesamt 4000 und Swisscom mit 700 Stellenstreichungen. Im letzten Jahr hatten bereits zahlreiche Arbeitnehmer ihre Stelle aufgrund von Werksschliessungen, Firmenaufgaben oder Verlagerungen ins Ausland verloren. Ende Dezember suchten 220'000 Menschen in der Schweiz Arbeit. Das sind so viele wie zuletzt im April 2010, kurz nach der Finanzkrise. Die durchschnittliche Arbeitslosenquote kletterte 2015 um weitere 0,1 Punkte auf neu 3,3 Prozent.

Im jüngsten Sorgenbarometer der Credit Suisse figuriert die Sorge um den Arbeitsplatz bei den Erwachsenen auf dem ersten Platz. Renato Meier (56) von der Familienberatung (Fabe) in Basel weiss, dass Ängste der Eltern bis zu den Kleinsten durchschlagen können. Und die zweithäufigste Sorge, gleich nach Erziehungsproblemen, bildet bereits das Geld. «Finanzielle Probleme können eine Krise in der ganzen Familie auslösen», so Meier.

Zu denken gibt darum die Prognose des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Dieses geht nämlich davon aus, dass im laufenden Jahr noch mehr Menschen ihren Job verlieren werden. Auch Junge bleiben davon nicht verschont. Die Jugendarbeitslosigkeit stieg letztes Jahr ebenfalls auf 3,3 Prozent.

Keine tröstenden Worte findet Johann Schneider-Ammann. Es werde wohl noch viele schlechte Nachrichten geben. Der «NZZ am Sonntag» sagte der Wirtschaftsminister knapp: «Wir müssen da durch.»

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