Andreas Schmocker (51) hat eine steile Karriere hinter sich. Der studierte Betriebswirt und Sportlehrer stürmte mit 40 Jahren an die Spitze des Sportartikelherstellers Puma. Drei Jahre leitete er das Schweiz-Geschäft. 2011 gab er den Posten wieder frei. Anschliessend wurde es ruhig um den Manager. Er widmete sich eigenen Geschäften.
Sein Name taucht nun in einem neuen Zusammenhang auf. Schmocker hat einen riesigen Restposten aus der OVS-Pleite gekauft. Ganze 1429 Palette Ware riss er sich unter den Nagel. Knapp 500 der Palette waren gefüllt mit Kleiderbügel, Plastikmüll und anderem. Die restlichen enthielten Kleidungsstücke, die für die OVS-Filialen in der Schweiz gedacht waren.
Die Zahlen stammen vom Konkursverwalter. Schmocker bestätigt auf Anfrage von BLICK, dass er zusammen mit einem Geschäftspartner «einen Teil des Restpostens» erworben hat. Der Vertrag beinhaltet aber eine Vertraulichkeitsklausel. «Daher kann ich dazu keine weiteren Angaben machen», sagt der passionierte Sportler mit einem Faible für Fashion.
Offene Millionenschuld
Auch der Konkursverwalter bestätigt, dass der Deal zustande gekommen ist. Ein Team von Rechtsanwälten aus Zürich kümmert sich um das Verfahren. Es wird unterstützt von diversen Hilfskräften. Die Dimensionen der OVS-Pleite sind gewaltig: Über 1000 Angestellte haben offene Lohnforderungen. Mehr als 2000 Personen sind in der Summe als Gläubiger registriert. Sie fordern in der Summe über 288 Millionen Franken.
Der Erlös aus dem Verkauf des Restpostens soll letztlich den Gläubigern zugute kommen. Dem Deal ging ein langes Tauziehen voraus. Die Ware befand seit Sommer 2018 in einem Lagerhaus in Roggwil BE. Der Bau ist so gross wie drei Fussballfelder und wird von einem US-Logistikkonzern verwaltet.
Direkt nach der Pleite kontaktierten die Amerikaner 13 Firmen, welche möglicherweise Interesse an der Ware haben könnten. Sieben lehnten ab, sechs unterbreiteten ein Angebot, zu einer Vertragsunterzeichnung kam es trotzdem nicht.
417'000 Kleider zum Spottpreis
Es dauerte über ein Jahr, bis das Textil-Erbe der OVS-Betreiberfirma Sempione Fashion veräussert war. Zum Schluss musste es schnell gehen. Schmocker hatte sein Angebot zeitlich befristet. Er wollte die Ware noch vor Weihnachten abholen, um sie möglichst schnell zu verramschen. Der einstige Puma-Chef betreibt unter anderem im Raum Winterthur einen Laden, wo er Sportbekleidung, Schuhe und Spielzeug zu Billig-Preisen verkauft.
Mitte Dezember war es schliesslich so weit. Die Unterschriften waren gesetzt. Nun mussten nur noch die Gläubiger dem Vertrag zustimmen. Der Konkursverwalter setzte ein Rundschreiben auf und setzte den Gläubigern eine Frist: Sie konnten den Vertrag noch kippen, wenn sie ein höheres Angebot als Schmocker einreichen. Inklusive Nachweis, dass eine entsprechende Finanzierung möglich ist.
Es gab aber keine weiteren Gebote. Keine Einsprachen. Schmocker kam zum Handkuss. Er hat den Deal seines Lebens gemacht. 1 Franken zahlte er für die 500 Palette, die mit Ramsch gefüllt waren. Und für den Rest bezahlte er 1 Franken pro Kleidungsstück. Bei geschätzten 417'000 einzelnen Textilien macht das einen Gesamtbetrag von weniger als einer halben Million Franken. Mit dieser Menge an Textilien lassen sich rund 4000 Kleiderschränke füllen.