Herr Egloff, wann sind Sie letztmals Zug gefahren?
Kurt Egloff: Vor etwa vier Monaten. Ich bin meist mit dem Auto unterwegs. Aber mein Sohn und meine Frau fahren viel Zug.
Was steht in Ihrer Garage?
Ein BMW i3, ein BMW X1 und mein neuer 7er BMW.
Herr Meyer, wann sassen Sie zum letzten Mal in einem BMW?
Andreas Meyer: Das ist schon ein paar Jahre her. Als ich in Deutschland bei der Deutschen Bahn arbeitete, hatte ich einen BMW als Dienstwagen. Das feine Schnurren des Motors habe ich noch im Ohr.
Nun spannen SBB und BMW zusammen: Für 12200 Franken gibt es ein Jahr lang einen i3, ein Erstklass-GA sowie freien Zugang zur Mobility- und Publi-Bike-Flotte. Was sind das für Leute, die sich so etwas leisten?
Egloff: 12200 Franken sehen auf den ersten Blick nach viel Geld aus, für die gebotene Leistung ist es aber ein sehr guter Preis. Beide Seiten unterstützen das Angebot massiv. Die wahren Kosten liegen bei mindestens 15000 Franken.
Meyer: Die Leute können eben rechnen. Wer innerhalb eines Haushalts eine Gesamtkostenrechnung macht, stellt fest, dass die monatlichen Kosten für die Mobilität – ÖV, Velo, Auto, Parkieren – schnell 1000 Franken übersteigen.
Die Leute haben Ihnen demzufolge die Türe eingerannt?
Meyer: So war es. Innerhalb von drei Tagen trafen mehr als 2000 Bewerbungen ein – und das ohne Werbung. Das Echo hat uns selber überrascht. Wir erhöhten die Zahl der Teilnehmer von 100 auf 150.
Trotzdem: Das Angebot richtet sich an gut verdienende Manager, die auf dem Land im Einfamilienhaus wohnen und täglich mit dem Auto zur Arbeit fahren.
Meyer: Falsch! Wir haben einen repräsentativen Kundenmix. Die eine Hälfte sind Leute, die bis jetzt den ÖV genutzt haben, die andere Hälfte sind Autofahrer.
Zum Angebot gehört eine Ladestation, die zu Hause eingebaut wird. In einer städtischen Siedlung geht das nicht.
Egloff: Ladestationen wird es künftig auch in Siedlungen geben. Wir stehen in Kontakt mit grossen Immobilienentwicklern. Eine Idee ist, bei künftigen Siedlungen einen Fahrzeugpool inklusive Infrastruktur einzuplanen, den die Bewohner gemeinsam nutzen können.
Beide Seiten stecken, wie Sie sagen, Geld in das Angebot. Was versprechen sich die SBB davon?
Meyer: Wir wollen herausfinden, wie sich das Verhalten der Teilnehmer ändert, wenn ihnen die gesamte Mobilitätspalette pauschal wie ein GA zur Verfügung steht. Welches Verkehrsmittel nehmen sie, wenn es schneit, regnet oder schön ist? Wie verändert sich das Mobilitätsverhalten insgesamt? So werden wir in der Lage sein, unser Angebot auf die Mobilitätsbedürfnisse der Zukunft auszurichten. In zwanzig Jahren wird jedes Kind einen Swisspass haben, der einem eine grosse Auswahl an Mobilitäts-Angeboten zur Verfügung stellt. Der öffentliche Verkehr mit starker Eisenbahn wird zum Beispiel durch selbstfahrende Fahrzeuge ergänzt.
Und was springt für Sie heraus, Herr Egloff – wollen Sie mit der «Green Class» den Absatz Ihrer Elektroautos erhöhen?
Egloff: Wir haben weltweit schon mehr als 100000 elektrifizierte Fahrzeuge auf die Strasse gebracht. Auch in der Schweiz wird sich der Absatz des BMW i3 vervielfachen. Dafür brauchen wir die SBB nicht. Mit dem Projekt wollen wir nicht Autos verkaufen, sondern etwas über die Zukunft erfahren. Alle reden von der Verknüpfung von öffentlichem und individuellem Verkehr, aber es gibt kaum brauchbares Datenmaterial. Das wollen wir mit diesem Projekt gewinnen. Der Kunde wird in Zukunft nicht nur ein Verkehrsmittel benutzen, sondern das schnellste.
Wenn die Leute die Autos teilen, geht es ihnen gleich wie den Ski-Herstellern: Der Absatz bricht zusammen.
Egloff: Da mache ich mir keine Sorgen. Autos werden auch in Zukunft ihre Strahlkraft behalten. Die Kunden können sehr gut zwischen dem Gebrauchswert und dem emotionalen Wert des Autos unterscheiden. Im Alltag nehmen die Leute das Verkehrsmittel, das sie am schnellsten von A nach B bringt. Wenn es aber am Wochenende zum Skifahren in die Berge geht, fahren sie mit dem eigenen Auto.
Meyer (unterbricht): Man kann auch mit dem öffentlichen Verkehr ganz hervorragend in die Berge fahren!
Das zeigt: Sie bleiben Konkurrenten.
Meyer: Nein, die Kunden wollen und nutzen den kombinierten Verkehr. Wie viele Leute können wir für den öffentlichen Verkehr gewinnen? Wie viele Leute wollen individuell unterwegs sein? Wenn wir uns nicht damit beschäftigen, verpassen wir die Entwicklung.
BMW ist eine Premiummarke, die SBB eine Institution für das Volk. Warum haben Sie ausgerechnet BMW aus-gewählt, Herr Meyer?
Egloff (interveniert): Sicher, die Marke BMW bewegt sich im oberen Preissegment, aber in der Schweiz liegen wir beim Volumen an zweiter Stelle!
Meyer: Für uns war der Grund, dass der i3 ein sehr ökologisches Auto ist, das nach den Richtlinien des Öko-Designs und mit Recycling-Materialien gebaut ist. Das passt sehr gut zur Bahn. Zudem werden in der Sharing-Economy auch umweltfreundliche Angebote ihren Platz haben. Das geht bis zum fahrenden Büro im Zug.
Kann sich der Normal-bürger das leisten? Gerade hat die Bahn wieder aufgeschlagen.
Meyer: Unsere Preise sollen auch in Zukunft für die Bevölkerung bezahlbar bleiben. Mein Traum ist, dass sie dereinst sogar sinken. Um die Spirale der steigenden Preise zu stoppen, haben wir das Sparprogramm Railfit20/30 gestartet. Die Sharing-Economy wird die Angebote weiter verbilligen. Eigentlich ist die Schweiz heute schon Weltmeister im «Sharen». Im Ausland können sich die Leute nicht vorstellen, dass die Leute im Abendkleid per S-Bahn in die Oper fahren. Bei uns ist das normal.
Können Sie sich eine Zusammenarbeit mit Flixbus vorstellen?
Meyer: Ich spreche grundsätzlich mit allen Mobilitätsanbietern und probiere sie auch alle aus. Es wäre sehr ungeschickt, wenn wir versuchen wollten, einen Player gänzlich zu ignorieren. Letztlich wählt der Kunde, welchen Mobilitätsträger er will.
Wie lange wird es das GA noch geben?
Meyer: Sicher so lange, wie wir leben.
Ernsthaft?
Meyer: Ja. Das GA wird sogar einen Quantensprung machen. In Zukunft wird jeder ein auf seine Mobilitätsbedürfnisse massgeschneidertes Generalabonnement zusammenstellen können. Passagiere in Genf und Lausanne können an gewissen Bahnhöfen schon jetzt in ihrem Tarifverbund ein massgeschneidertes Abo auf ihren Swisspass laden.
Kurt Egloff (56) ist seit Mai 2016 Präsident und CEO der BMW (Schweiz) AG. Er lernte seinen Beruf von der Pike auf: Zuerst machte er eine Lehre als Automechaniker, absolvierte die Meisterprüfung, studierte Wirtschaft und bekleidete verschiedene Positionen in der Autobranche. Er ist verheiratet und lebt in Mellingen AG.
Andreas Meyer (54) wuchs als Sohn eines Bähnlers in Birsfelden BL auf, studierte Jus und begann bei ABB. Später wechselte er zur Deutschen Bahn, wo er es bis ins Topmanagement schaffte. 2007 wurde er CEO der SBB. Meyer ist verheiratet, Vater von drei Kindern und passionierter Sportler. Die Familie lebt in Muri bei Bern.
Kurt Egloff (56) ist seit Mai 2016 Präsident und CEO der BMW (Schweiz) AG. Er lernte seinen Beruf von der Pike auf: Zuerst machte er eine Lehre als Automechaniker, absolvierte die Meisterprüfung, studierte Wirtschaft und bekleidete verschiedene Positionen in der Autobranche. Er ist verheiratet und lebt in Mellingen AG.
Andreas Meyer (54) wuchs als Sohn eines Bähnlers in Birsfelden BL auf, studierte Jus und begann bei ABB. Später wechselte er zur Deutschen Bahn, wo er es bis ins Topmanagement schaffte. 2007 wurde er CEO der SBB. Meyer ist verheiratet, Vater von drei Kindern und passionierter Sportler. Die Familie lebt in Muri bei Bern.