200 Jahre Henri Nestlé
Mit Kindermehl fing alles an

Henri Nestlé war einer der erfolgreichsten deutschen Importe, die der Schweiz je unterkamen. Der gebürtige Frankfurter legte die Grundlage für einen Weltkonzern mit Fabriken in 86 Ländern.
Publiziert: 09.08.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:37 Uhr
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Nestlé-Werbung für das Kindermehl (um 1890).
Foto: Keystone, Nestlé
Von Jenni Thier

Wer war dieser Mann, der als Heinrich Nestle am 10. August 1814 in Frankfurt am Main geboren wurde und als Henri Nestlé-Ehmant am 7. Juli 1890 in Glion VD starb? Was steckt hinter dieser unternehmerischen Erfolgsgeschichte?

Der Mensch

Henri Nestlé verfügte über Eigenschaften, die viele erfolgreiche Unternehmer auszeichnen: Wagemut, Kreativität, Ausdauer und Weitsicht. Das zeigte sich bereits früh bei seiner Entscheidung, nach der Apothekerlehre in Frankfurt Deutschland den Rücken zu kehren und sich in der Schweiz niederzulassen.

Einer seiner Beweggründe, nicht nur für begrenzte Zeit, sondern dauerhaft in Vevey zu bleiben, hatte mit seiner liberalen Überzeugung zu tun. Diese wurde in seiner alten Heimat bekämpft. Doch auch in der Schweiz musste Nestlé Herausforderungen meistern. Als Ausländer hatte er es nicht leicht, er musste sich anpassen. Als Folge dessen änderte er seinen Namen in «Henri Nestlé».

Auch beruflich war er durch seinen Status eingeschränkt. Eine Auflage besagte, dass er kein Unternehmen führen durfte. Immerhin: Mit der 1839 in Lausanne bestandenen Prüfung als Apothekergehilfe durfte er chemische Versuche unternehmen.

Eine eigene Apotheke zu führen blieb ihm verwehrt. Doch Nestlé liess sich nicht entmutigen und bewies vielseitiges kaufmännisches Geschick. Zu seinen diversen Geschäfts­feldern gehörten Lampenöl, Liköre, Mineralwasser und Limonade.

Immer wieder musste er sich neue Einnahmequellen suchen. Doch seine Hart­näckigkeit zahlte sich aus, als er 1867 mit seinem «Kindermehl» den Durchbruch schaffte. «Milch, Brot, Zucker bester Qualität sind die Hauptbestandteile», erklärte Nestlé das Rezept seiner Säuglingsnahrung. Er baute die Produktion aus, bis er es alleine nicht mehr schaffte und das Unternehmen 1875 samt seinem Namen und seiner Unterschrift für eine Millionen Franken verkaufte.

Der Förderer

In seiner ersten Zeit in der Schweiz arbeitete Nestlé als Apothekergehilfe in Vevey. Sein Arbeitgeber, Marc Nicollier, entwickelte sich zu einer wichtigen Bezugsperson. Er brachte Nestlé die Lehren des deutschen Chemikers Justus von Liebig näher. Dieser beschäftigte sich mit Säuglingsnahrung. Sein Ausbilder ermöglichte Nestlé, Liebigs Forschungsergebnisse zu verstehen und schliesslich zu seinem Kindermehl weiterzuentwickeln.

Zudem half Nicollier seinem deutschen Schützling, in der neuen Heimat Fuss zu fassen.

Er sorgte dafür, dass Nestlé nicht als Fremdling wahrgenommen wurde. Das kam Nestlé bei seinen gewerblichen Aktivitäten sehr zugute.

Auch praktisch griff Nicollier Nestlé unter die Arme und vermittelte seinem Gehilfen eine Gewerbeliegenschaft mit diversen Maschinen. Ohne diese Unterstützung hätte Nestlé als ausländischer Unternehmer Probleme gehabt.

Der Zufall

Bei allem Geschick hatte Nestlé auch das Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort sein. Das zeigt sich besonders bei der Entwicklung seines Kindermehls.

Nestlés Ehefrau Clementine Therese Ehemant weckte sein Interesse am Thema Säuglingsnahrung. Sie war Tochter eines Armenarztes und dadurch mit Kindersterblichkeit vertraut.

Seine ersten Versuche zur Kindernahrung in Form einer Milchpaste stellten Nestlé nicht zufrieden. Doch als der Chemiker Liebig 1865 seine «Säuglingssuppe» auf den Markt brachte, startete Nestlé einen neuen Versuch, der schliesslich mit seinem Kindermehl gekrönt wurde.

Doch zum grossen Durchbruch verhalf letztlich der Zufall: Durch einen Bekannten erfuhr Nestlé von einem Säugling, der einen Monat zu früh auf die Welt gekommen war und kein Essen bei sich behielt. Dank Nestlés Kindermehl erholte sich der «kleine Wanner» jedoch rasch. Diese Nachricht verbeitete sich wie ein Lauffeuer und gab dem Kindermehl den Ruf eines «Wundermittels». Damit war der Grundstein zur Erfolgsgeschichte des Nestlé-Konzerns gelegt.

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