1818 geht ins Ausland
Die Mitarbeiter dürfen wählen: Österreich oder Marokko

Die bekannteste Auskunftsnummer der Schweiz 1818 machte die letzten Monate drastisch weniger Umsatz und stellt den Betrieb des Callcenters in Biel BE ein. Die 66 betroffenen Angestellten haben jedoch keine Kündigung erhalten. Ihnen wird ein neuer Job angeboten - in Wien und Marrakesch.
Publiziert: 15.05.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2018 um 00:28 Uhr
Schlechte Aussichten: 1818 bedient Kunden bald aus dem Ausland.
Von Patrik Berger

Die beiden lustigen Käuze im 70er-Jahre-Look kennt jedes Kind. Die Werbung machte 1818 zur bekanntesten Auskunftsnummer der Schweiz.

Doch das Geschäft harzt. Smartphones und Internet liessen die Zahl der Anrufe einbrechen. «Die Umsatzzahlen sind in den letzten Monaten drastisch zurückgegangen», steht in einem internen Schreiben der 1818 Auskunft AG, das BLICK vorliegt. 1818 stellt den Betrieb des Callcenters in Biel BE ein. 66 Angestellten sind betroffen.

Eine Kündigung haben sie aber nicht bekommen. Denn 1818 trickst! Die Firma, die zur amerikanischen KGB-Gruppe mit Sitz in New York gehört, lagert den Betrieb aus. Und bietet den Schweizer Angestellten sogar einen neuen Job an.

Dumm nur, dass 1818 nicht nach Basel oder Luzern auslagert. Sondern nach Wien und Marrakesch! Von Österreich aus sollen künftig Anrufe aus der Deutschschweiz bedient werden. Aus Marokko die aus der Romandie und dem Tessin.

Im internen Schreiben tönt das so: «Ihr Arbeitsverhältnis geht per 31. Juli mit allen Rechten und Pflichten auf ‹188811 Die Nummer GmbH Wien› über. Sie wird ihr neuer Arbeitgeber sein.» Und: «Eine Ablehnung des Übergangs würde automatisch zur Beendigung ihres Anstellungsverhältnisses führen.»

Konkret: Wer nicht nach Wien oder Marrakesch ziehen will, verliert den Job. Und muss selber schauen, wo er bleibt.

«Eine Frechheit!», sagt eine langjährige Mitarbeiterin* zu BLICK. «Wir fühlen uns verarscht.»

Nina Scheu von der Gewerkschaft Syndicom kritisiert das Verhalten der Firma. «Das ist eine Massenentlassung! Es ist zynisch, dass man den Leuten Jobs in Österreich und Afrika anbietet!» 1818 habe nur ein Ziel: «Die Firma will, dass die Angestellten von sich aus kündigen. Und sie so keine Abgangsentschädigungen bezahlen muss.»

Auch Sara Licci, Rechtsanwältin und Hochschuldozentin, zweifelt an der Rechtmässigkeit des Vorgehens von 1818. Die Verlegung des Arbeitsplatzes ins Ausland sei eine Vertrags­anpassung. «Das braucht das Einverständnis des Arbeitnehmers.»

Damit ist nicht zu rechnen: «Ich kenne niemanden, der den Job im Ausland annimmt», sagt die 1818-Angestellte.

Die Firma wollte gegenüber BLICK keine Fragen zur Stellenauslagerung beantworten.

*Name der Redaktion bekannt

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