17'000 Franken in 20 Jahren weg
Die Inflation frisst unseren Sparbatzen

Schweizerinnen und Schweizer bauen ihre Ersparnisse gerne auf einem Sparkonto auf. Die Teuerung macht ihnen dabei jedoch einen Strich durch die Rechnung. Sie frisst das hart ersparte Geld langsam aber beständig auf. Doch was kann man dagegen tun?
Publiziert: 17.08.2024 um 01:12 Uhr
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Aktualisiert: 17.08.2024 um 10:19 Uhr
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Die Inflation kann Sparbemühungen einen Strich durch die Rechnung machen.
Foto: Ute Grabowsky/photothek.net via www.imago-images.de
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Martin SchmidtRedaktor Wirtschaft

Sparen kann äusserst frustrierend sein: Du stellst einen Budgetplan zusammen, gehst seltener ins Restaurant oder in die Ferien und nimmst das Lunch-Paket ins Büro mit – und das Ergebnis? Mit deinem hart ersparten Geld auf dem Sparkonto kannst du dir über die Jahre immer weniger kaufen.

Liegen heute 100'000 Franken auf dem Sparkonto, sind diese in 20 Jahren bloss noch 83'594 Franken wert. Zumindest, wenn man die aktuelle Jahresinflation von 1,5 Prozent einem Sparzins von 0,6 Prozent gegenüberstellt – wie ihn derzeit viele Banken bezahlen. Die Inflation hat also beinahe 17'000 Franken einfach so weggefressen.

Bei grösseren Ersparnissen schenkt der Effekt noch stärker ein. Denn viele Banken zahlen auf Beträge von etwa 250'000 Franken deutlich tiefere Zinsen. Lohnkonten werfen nochmals weniger Zinserträge ab, was den Wertverfall weiter beschleunigt. Das führt zur Frage: Wissen die Sparerinnen und Sparer, dass ihr Geld laufend an Wert verliert?

«Die Schweizer Bevölkerung kann die langfristigen Auswirkungen der Inflation überraschend gut einschätzen», sagt Roland Altwegg (51), Mitglied der Geschäftsleitung von Raiffeisen Schweiz.

Schweizer sind beim Geld sehr konservativ

Die Genossenschaftsbank hat eine Umfrage gemacht, wie die Bevölkerung die Teuerung im letzten Jahr wahrgenommen hat. Diese liegt Blick exklusiv vor. Auffallend: Bei den Wissensfragen schneiden Schweizerinnen und Schweizer im Vergleich zum Ausland überdurchschnittlich gut ab.

Die Befragten geben auch an, dass sie die Teuerung im Alltagsleben deutlich spüren. Sei es bei der Krankenkassenprämie, beim Strom oder bei den Lebensmittelpreisen. Vier von fünf Personen reagieren darauf, indem sie weniger ausgeben. Am häufigsten sparen sie bei Restaurantbesuchen, Hotelübernachtungen und beim Lebensmitteleinkauf.

Trotzdem sagen 41 Prozent, nichts gegen die Teuerung zu unternehmen. Das Geld liegt einfach auf dem Konto. «Die Schweizer Bevölkerung geht mit ihrem Vermögen relativ konservativ um. Schweizer bevorzugen das sichere Sparkonto», ordnet Altwegg ein. Nur jeder Vierte reagiert auf die steigenden Preise, indem er beispielsweise in Aktien, Fonds oder Gold investiert. «Wenn es um Geldanlagen geht, kommt bei vielen eine gewisse Angst ins Spiel.» Sparer werden gemäss der Umfrage erst ab Vermögen von 250'000 Franken deutlich investitionsfreudiger.

Drei bis vier Monatslöhne als Reserve

Altwegg sieht für die Zurückhaltung noch einen weiteren Grund: «Die Menschen in der Schweiz sind generell vernünftig und halten einen Sparbatzen auf dem Konto für grössere Ausgaben oder Unvorhergesehenes zurück.» Als Faustregel nennt er dafür drei bis vier Monatslöhne. Was darüber hinausgeht, könnte bei einem Finanzdienstleister investiert werden.

«Typischerweise setzt man dabei auf einen Strategiefonds oder mit etwas mehr Vermögen auf ein Vermögensverwaltungsmandat. Je nach Risikoappetit und Anlagehorizont kann man dabei konservativer oder auch etwas aggressiver investieren», so Altwegg. Ein Strategiefonds setzt sich aus verschiedenen Anlagekategorien wie Obligationen, Aktien, Immobilien oder Gold zusammen. Eine weitere Möglichkeit: Vorsorgefonds in der dritten Säule, die an die Risikobereitschaft angepasst sind. So können die Ersparnisse fürs Alter vor der Inflation ebenfalls geschützt werden.

Dass sich gerade Leute mit tieferen Einkommen seltener gegen die Teuerung absichern, lässt sie gleich doppelt darunter leiden. Altwegg: «Sie spüren die Preiserhöhungen stärker, wie unsere Umfrage zeigt». Menschen mit einem tieferen Gehalt müssen mehr davon für Fixkosten ausgeben als Reiche. Steigen bei alltäglichen Gütern die Preise, schenkt das bei ihnen mehr ein.

Damit bleibt auch weniger zum Sparen. Frisst die Inflation dann in ihrem Sparkonto, leiden sie ein zweites Mal, sobald sie dieses Geld in vielen Jahren ausgeben.

Haushaltsbudget führen hilft

Für Haushalte mit einem monatlichen Einkommen von 5000 Franken oder weniger ist es hilfreich, sich einen Überblick über die Ausgaben zu verschaffen. «Wer ein Budget für seine Ausgaben zusammenstellt, ist oft überrascht, für welche Posten wie viel Geld ausgegeben wird. Unsere Umfrage zeigt, dass Personen mit Budget bewusster sparen und zum Beispiel mehr in die private Vorsorge einzahlen», sagt Altwegg.

Auch regional gibt es grosse Unterschiede, wie sehr die Menschen bereit sind, gewisse Risiken in Kauf zu nehmen und ihr Geld nicht bloss auf dem Sparkonto zu parkieren. So haben gemäss der Umfrage knapp 27 Prozent der befragten Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer Gelder als Inflationsschutz in Anlagen verschoben, in der Westschweiz sind es 19,3 Prozent und im Tessin lediglich 11,6 Prozent.

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