Die Post liefert seit der Corona-Krise so viele Päckli aus wie sonst nur an Weihnachten. Trotz viel Arbeit fiel das Halbjahresergebnis 2020 miserabel aus. Der Konzerngewinn brach regelrecht ein. Von 193 Millionen Franken in der Vorjahresperiode auf 30 Millionen Franken. Ein Rückgang von 163 Millionen!
Die Folgen der Corona-Krise belasten das Ergebnis mit 120 Millionen Franken. Allein 32 Millionen Franken kostete der Kauf von Plexigläsern und Desinfektionsmitteln sowie die Einmalprämie à 500 Franken je Angestellter für die Mehrarbeit, erklärte Finanzchef Alex Glanzmann (50) heute in Bern.
Die schwierigen Entwicklungen, die der Post schon länger das Leben schwer machen, wurden durch die Pandemie beschleunigt. «Wir sind jetzt an dem Punkt, mit wir erst in zwei Jahren gerechnet haben», räumt Glanzmann ein. Der Druck auf die Postführung unter Roberto Cirillo (48) hat deutlich zugenommen.
Dunkelrote Zahlen
Während das Paketvolumen per Ende Juni um erfreuliche 22 Prozent zunahm, schrumpfte das Briefgeschäft rasant weiter. Die Menge der adressierten Briefe sank um 7,8 Prozent. Der Digitalisierungsschub bremste zudem die Werbesendungen mit 20 Prozent deutlich. Allein das Betriebsergebnis von Postmail reduzierte sich um 84 Millionen auf 110 Millionen Franken. Das Sorgenkind Postnetz blieb mit 72 Millionen Franken Verlust weiter tief in den dunkelroten Zahlen.
Bremsspuren zeigen sich auch bei der Sparte Postauto: Sie musste seit März das Verkehrsangebot markant zurückfahren. Der Ertrag schrumpfte um 17,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Inzwischen sei die Nachfrage wieder deutlich gestiegen, auch wenn die Postautos noch nicht ganz so ausgelastet seien, wie vor der Corona-Krise.
Schlechte Zahlen hin oder her, die Corona-Pandemie habe gezeigt, wie wichtig die Post für die Grundversorgung der Schweiz ist. Glanzmann betont: «Es ist unseren Mitarbeitenden und damit der Post gelungen, die gesamte Schweiz mit wesentlichen Dienstleistungen zu versorgen.»
Hoffnung auf Teilprivatisierung von Postfinance
Dennoch befindet sich auch die lange sehr ertragsstarke Postfinance auf Talfahrt. Wegen schrumpfenden Zinserträgen sank das Betriebsergebnis der ehemaligen Cashcow im ersten Semester gegenüber dem Vorjahr um 86 Millionen auf 60 Millionen Franken. Wegen der Corona-Krise sind zudem die Umsätze der Bargeld-Transaktionen am Schalter sowie an den Geldautomaten markant eingebrochen. Und weil im Frühling fast niemand mehr reiste, gaben auch die Fremwährungserträge nach.
Um wieder mehr zu verdienen, will die Schweizerische Post, dass die Banktochter künftig ins Hypothekar- und Kreditgeschäft einsteigen kann. Dies ist Teil der Strategie der «Post von Morgen», die der Postchef letzten Mai vorstellte. Bis Ende September läuft die Vernehmlassung der vom Bundesrat vorgeschlagenen Teilprivatisierung der Banktochter. Grosse Zustimmung fehlt bisher.
«Die Post braucht Geld, um die Grundversorgung sicherzustellen», betont Glanzmann. Die Coronakrise habe die in der Strategie vorgesehene Zusammenlegung von Paket- und Briefpost bestätigt, ergänzt er. Briefträger- und Zentren, deren Volumen sinken, hätten bei der Bewältigung des Päcklibooms geholfen.
Pöstler fehlen wegen Pensionierungen zunehmend
Das Versprechen mindestens 800 Postfilialen zu behalten, bleibe trotz Corona aufrechterhalten. Auch sei kein Stellenabbau geplant. «Mit den grossen Pensionsierungswellen die nächsten zwei, drei Jahre hat Postlogistik eher zu wenig Personal», so der Finanzchef.
Er erwartet, dass die negativen finanziellen Effekte aus der Corona-Krise im zweiten Halbjahr weniger hoch sein werden als im ersten Halbjahr. Die Post werde 2020 definitiv einen Gewinn erzielen. Ein weiterer Lockdown ausgenommen, könnte er gar dreistellig sein. Ob die Post dem Bund die vereinbarte 50-Millionen Franken-Dividende zahlen müsse, werde aber derzeit verhandelt.