Google Maps feiert heute seinen 15. Geburtstag. Zum Jubiläum spendiert der Kartendienst seinen Nutzern ein paar neue Features. Dazu gehört ein neuer Look aber auch Verkehrsinformationen für alle Schweizer Städte in Echtzeit.
Diese Funktion ist dank der Zusammenarbeit mit der SBB möglich. Google Maps weiss, welche S-Bahn auf dem Schweizer Schienennetz wie viele Minuten Verspätung hat. Zur fahrplanmässigen Abfahrtszeit aufs Gleis zu stressen braucht man nicht mehr: Von der Zugverspätung erfährt man sofort. Nicht erst durch die Lautsprecherdurchsage, wenn man bereits im Zug sitzt.
Dank iPhone zum mächtigen Player
Als Google Maps vor 15 Jahren online ging, wusste noch niemand, wie mächtig und allgegenwärtig der Kartendienst einmal werden sollte. Erst als zwei Jahre später das iPhone den Beginn der Smartphone-Ära einläutete, wurde das Potenzial digitaler Karten offensichtlich.
Heute stecken Smartphones und damit fast immer auch Google Maps in quasi jeder Hosentasche: Dank GPS-Positionsermittlung kann man sich kaum noch verirren. Staus werden in Echtzeit angezeigt. Satellitenfotos und Aufnahmen aus den Kameras der Street-View-Autos zeigen die Umgebung, so dass der Dienst inzwischen auch als riesiger Reiseführer dient.
Digitales Abbild der realen Welt
Die Strecken, die Google für seine Maps abfotografiert hat, entsprechen rund 400 Umrundungen der Erde. Insgesamt decken die Bilder etwa 16 Millionen Kilometer Wegstrecke ab. Für den Konzern hat sich der Aufwand gelohnt: Mit Google Maps wurde die reale Welt mit dem digitalen Abbild verknüpft. So entstand ein gigantisches Branchenbuch, das durch einen steten Strom von Ortungsdaten die Werbeplattform von Google anreichert – und bei etlichen Datenschützern grosse Bedenken hervorruft.
Inzwischen sind Einträge in Google Maps hart umkämpft. Zusammen mit den Online-Bewertungen können sie Kundenströme ins Geschäft, Hotel oder Restaurant lenken – aber bei schlechter Benotung auch potenzielle Klienten abschrecken. Manche Betroffene beauftragen deshalb auch unlautere Dienstleister, die mit manipulierten Einträgen das Geschäft über den Klee loben oder die Konkurrenz madig machen.
Geschickte Zukäufe
Digitale Karten gab es schon vor 2005. Google kaufte sich damals drei Unternehmen, deren Karten-Funktionen sie zu Google Maps zusammenfügten. Der heutige Internet-Investor Chris Sacca (44), der damals bei Google arbeitete, erinnerte sich, wie Mitgründer Sergey Brin (46) 2003 ein Meeting von Führungskräften zu einem ganz anderen Thema entgleisen liess, weil er den Satellitenbilder-Dienst der Firma Keyhole auf seinem Laptop herumzeigte. Statt zuzuhören, wollten alle sehen, wie man aus dem All auf ihre Häuser runterschauen kann, erzählte Sacca dem Technologieblog «Recode».
Keyhole war spezialisiert darauf, verschiedene Satellitenbilder nahtlos zusammenzufügen und verkaufte diesen Dienst an andere Unternehmen. Gründer und Chef John Hanke (52) hatte auch Angebote von Investoren, verkaufte die Firma aber an Google, weil ihn die Vision kostenloser Karten für alle ansprach.
Bei der Firma Where2 Technologies hatten die Brüder Lars und Jens Rasmussen die Idee, für Routenanweisungen Karten auf dem Computerbildschirm nachzubilden - und bei Bedarf nötige Informationen aus dem Web nachzuladen. Und das Start-up Zipdash besorgte sich Verkehrsdaten, um voraussichtliche Ankunftszeiten und Verzögerungen auf der Strecke anzuzeigen. Alles bekannte Funktionen heutiger Karten – bei Google wurden sie in einem Dienst zusammengebracht.
Auf iPhone vorinstalliert
Google Maps wurde zunächst zu den meistbenutzten Karten-Applikation auf dem Computerbildschirm. Als Apple 2007 das iPhone auf den Markt brachte, wurden sie vorinstalliert – und auf Smartphones des bei Google entwickelten Konkurrenz-Systems Android sowieso.
Den Wettbewerbern entging das nicht: Nokia, damals noch der weltweit führende Handyhersteller, kaufte 2007 den Kartenanbieter Navteq. Und der niederländische Navigationsgeräte-Spezialist Tomtom schnappte sich nach einem Bieterwettstreit mit dem US-Unternehmen Garmin den zweiten grossen Kartenlieferanten TeleAtlas.
Google ging indes dazu über, auch eigene Kartendaten mit Kamerafahrzeugen zu sammeln. Daraus ging auch der Dienst Street View mit Fotos von Strassenzügen hervor. In den Industrienationen biss Google bei Street View nur in Deutschland auf Granit: Datenschützer erzwangen 2010, dass betroffene Bürger, Firmen und Organisationen die Strassenaufnahmen ihrer Häuser verpixeln lassen konnten.
Lukrative Werbeplattform
Für Google sind die Karten zu einer weiteren Werbeplattform geworden. Seit 2016 gibt es sogenannte «Promoted Pins» – Kartenmarker von Geschäften, die auf der Karte hervorgehoben werden, weil die Inhaber dafür bezahlt haben. 2021 könnten die Erlöse von Google Maps bis zu 3,6 Milliarden Dollar einbringen, schätzte Analyst Mark Mahaney von der Bank RBC.
Morgan Stanley rechnet schon für dieses Jahr mit knapp fünf Milliarden Dollar und einer Verdoppelung bis 2023. Google experimentiert auch mit Funktionen der «erweiterten Realität», in der Informationen auf dem Bildschirm in reale Umgebungen eingeblendet werden. (SDA/koh)