Der Erfolg kommt unerwartet. Und mitten in der grössten Krise. Während Mode-Unternehmen en masse Konkurs anmelden, Filialen schliessen und Mitarbeiter auf die Strasse stellen, traut Chicorée-Chef Jörg Weber (61) seinen Augen kaum – wenn er seine vollen Läden und wöchentlichen Rekordumsätze betrachtet.
«Hilfe, wir platzen aus allen Nähten», sagt er am Hauptsitz in Dietikon ZH zu BLICK. «Seit Anfang Jahr erleben wir einen unglaublichen Run.» Der Umsatz schoss um 14 Prozent in die Höhe – sieben Millionen Franken mehr als erwartet. «Geht das so weiter, erzielen wir ein Rekordjahr mit einem geschätzten Umsatz von 150 Millionen Franken.» 2016 setzten die 156 Chicorée-Läden mit derzeit 700 Angestellten 131 Millionen Franken um.
Weber nutzt die Gunst der Stunde und expandiert: Neun neue Filialen nimmt er dieses Jahr in Betrieb. Fünf hat er kürzlich eröffnet, drei folgen im Juli, eine im Oktober. Sechs Standorte stammen vom Modediscounter Yendi. Dieser ging im April pleite und musste 110 Filialen schliessen – 500 Mitarbeiter verloren ihren Job.
Einige arbeiten jetzt für Chicorée. «Wir haben seit Februar 40 neue Stellen geschaffen», sagt Weber. Gut möglich, dass mehr folgen. Weber möchte zwei, drei Filialen mehr. Die Verhandlungen laufen.
Unrentable Läden musste er abstossen
Letztes Jahr ging Weber über die Bücher: Er schloss drei Schuh- und neun Famous-Läden seiner Unternehmensgruppe – sie zielten auf ein junges Publikum.
Seit diesem Jahr fokussiert sich der Chicorée-Gründer auf sein Kerngeschäft: Stationäre Kleiderläden mit tiefen Preisen für die Frau ab 40. «Wir haben in vielen Agglomerationen Standorte in Einkaufszentren. Dort verkehren viele Frauen, die dann gleich bei uns Kleider einkaufen.» Der Durchschnittspreis für Sommerkleider beträgt zwölf Franken – Chicorée leidet deshalb nicht unter dem Einkaufstourismus.
Nur Offline gibts bei Chicorée nicht
Ganz ohne Online-Expansion geht es aber auch nicht, weiss Weber. Sein Sohn Pascal (28), für das Marketing verantwortlich, treibt im Unternehmen die Digitalisierung voran: «Ab dem Herbst können Kunden via App oder Kundenkarte Punkte Sammeln und Rabatt erhalten», sagt dieser.
2018 sollen sie dann auch über die Online-Kanäle Kleider reservieren, im Laden abholen und bezahlen können. Zudem hat er einen Whatsapp-Service eingeführt, über den Kunden News erhalten und sich beraten lassen können – so bindet man heute Kunden.
Einst sollen Pascal und sein Bruder Mathias (26), zuständig für den Europa-Einkauf, Chicorée übernehmen. Da es zurzeit jedoch so gut läuft, behält der Patron gerne noch ein paar Jahre die Hosen an.