Nach 170 Jahren ist Schluss: Die Thurgauer Traditionsfirma Tuchschmid hat die Bilanz deponiert. 100 Personen verlieren ihre Arbeit. Kurz vor Weihnachten. Es ist der dritte Schock für die Wirtschaftsregion innert kurzer Zeit.
Tuchschmid ist eine Glas- und Metallfirma. Ihre Arbeiten haben die Schweiz geprägt. Das Unternehmen ist mehrfach ausgezeichnet. Zu den berühmtesten Bauten gehört die Glasdachkonstruktion am Hauptahnhof Zürich oder die Fassade des Zentrums Paul Klee in Bern.
Das Unternehmen blickt auf eine lange Geschichte zurück. 1849 richtete der junge Schlosser Jakob Tuchschmid im elterlichen Bauernhaus in der Gemeinde Thundorf bei Frauenfeld TG eine Schlosserei ein. Bald verlegte er den Sitz nach Frauenfeld. Zu den ersten Produkten gehörten landwirtschaftliche Gerätschaften und Holzkochherde.
Vom Schlosser zum Stahlspezialist
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts folgten diverse Schmiedearbeiten im Jugendstil. Die Firma baute die ersten Eisenkonstruktionen für Bahnhöfe. Das Unternehmen war am Bau der Seilbahn über den Zürichsee während der «Landi» 1939 beteiligt.
Zu den jüngeren Referenzwerken gehört das Hallendach über der Postautostation Chur. Es ist ein markantes Wahrzeichen der Stadt – seit 1992. Die Stahl-Glas-Konstruktion hat Tuchschmid erstmals den Europäischen Stahlbaupreis eingetragen.
Bekannt sind ausserdem der Baldachin beim neuen Bahnhofplatz in Bern. Direkt neben dem Loeb-Gebäude. Und das jüngste Referenzprojekt ist die Glas-Konstruktion am neuen Bahnhof St. Gallen.
«Aufgrund von Insolvenz geschlossen»
Jetzt ist alles vorbei. Telefonanrufe werden nicht mehr beantwortet. Wer die Nummer wählt, wird mit einem Telefonbeantworter verbunden. Die automatische Ansage: «Der Betrieb ist aufgrund von Insolvenz geschlossen. In dringenden Fällen melden Sie sich beim Konkursamt Thurgau.»
Grund für das Aus ist unter anderem das verschärfte Marktumfeld im Metallbau. Das schreibt die Firma in einer Mitteilung vom Freitag. Das Unternehmen war aber schon länger in Schieflage. Mitte 2018 kam es zu einer ersten Sanierungsrunde. Offenbar ohne nachhaltigen Erfolg.
Das Ende von Tuchschmid folgt auf die Schliessung der Produktion von Müller-Martini in Felben TG und den Abbau von 260 Jobs bei der Bosch-Tochter SIA in Frauenfeld TG.