9965172 Franken hat Hans Ziegler (64) in den letzten zehn Jahren allein mit seinen Verwaltungsratsmandaten bei sechs Firmen verdient. Meist handelt es sich um bekannte Unternehmen wie die Modekette Charles Vögele, den Technologiekonzern OC Oerlikon oder Schmolz und Bickenbach, den Stahlproduzenten.
Fast zehn Millionen Franken seit 2007 macht im Schnitt eine Million Franken pro Jahr. Auch für einen, der viel arbeitet und grosse Verantwortung trägt, ist das ein sehr anständiges Salär. Doch offenbar war Hans Ziegler dieses Einkommen nicht hoch genug!
Sein Job ist es, marode Firmen zu sanieren, sie wieder profitabel zu machen, Arbeitsplätze und das Geld der Aktionäre zu retten. Das verschafft ihm einen tiefen Einblick in die Unternehmen. Und Ziegler soll dieses Wissen ausgenützt haben.
Vertrauliche Informationen aus den Unternehmen ausgenutzt
Vor zwei Tagen machte die Finanzmarktaufsicht (Finma) einen besonders krassen Fall von Insiderhandel publik, zieht 1,4 Millionen Franken unrechtmässig erzielter Börsengewinne ein. Den Namen des Übeltäters nennt die Finma nicht, doch allen ist klar: Es ist Hans Ziegler. Als Insider habe er wiederholt und systematisch vertrauliche Informationen aus den Unternehmen ausgenutzt, in deren Verwaltungsrat er sass, um sich damit an der Börse Vorteile zu erschleichen.
Peter Cosandey (64) kennt sich mit Insidergeschäften aus. Als ehemaliger Bezirksanwalt des Kantons Zürich verfolgte er früher Wirtschaftskriminelle, heute versucht er als Berater, Firmen vor deren Machenschaften zu beschützen.
Verwaltungsräte seien immer wieder in Insidergeschäfte verwickelt, sagt Cosandey. «Normalerweise läuft es so ab: Der VR kommt aus der Sitzung, steigt ins Auto und macht ein Telefon. So verdient er ein paar 10000 Franken dazu. Normalerweise belässt er es dabei. Bei Herrn Ziegler war es definitiv kein einmaliger Ausrutscher.»
Er konnte die Erb-Pleite nicht verhindern
Warum aber nützt ein Mann mit Millioneneinkommen sein Insiderwissen überhaupt aus? «Wie in vielen anderen Fällen war es möglicherweise Gier. Anders kann ich es mir nicht erklären», meint Cosandey.
Reicht das als Erklärung dafür, dass jemand seinen Ruf riskiert, alles aufs Spiel setzt? Die Medien hätten eine Mitschuld, ihn zum «Sanierer der Nation», hochgeschrieben, meint einer, der Erfahrung mit Firmensanierungen hat. Ziegler liess sich als grosser Unternehmensretter feiern, zeigte gern auch sein Büro im Fernsehen.
Schweizweit bekannt wurde der ehemalige KV-Stift 2003, als er zur Sanierung der Winterthurer Erb-Gruppe gerufen wurde. Deren Pleite aber konnte Ziegler nicht verhindern.
Doch nicht nur die Medien, auch Weggefährten halfen mit, dass sich der Zürcher Oberländer als heimlicher Superstar der Schweizer Wirtschaft fühlen musste. Sie beschrieben ihn als Schnelldenker, entscheidungsfreudig bis scharfsinnig, aber auch als Sanierer mit einem Herz für die betroffenen Angestellten.
Vielleicht glaubte Ziegler, als Superstar stehe ihm auch ein Supereinkommen zu. Doch um das zu garnieren, braucht es auch einen super Erfolgsausweis.
Es ist von Notverkäufen die Rede
Wirklich viel Geld macht ein Sanierer, wenn es ihm gelingt, langfristig Mehrwert für die Aktionäre zu schaffen. Wird das einst marode Unternehmen erfolgreich verkauft, streicht meist auch der einen satten Gewinn ein, der dies durch seine Leistungen ermöglicht hat.
Doch Zieglers Erfolgsbilanz ist durchzogen, von Notverkäufen wird geredet, wirklichen Mehrwert habe er für die Aktionäre nicht geschaffen.
Nun ist der «Sanierer der Nation» abgetaucht, nicht einmal für Weggefährten zu erreichen. Er habe den Boden unter den Füssen verloren, heisst es. Alle distanzieren sich, zur Zusammenarbeit mit ihm will sich keiner äussern.
Nun könnte Hans Ziegler sogar die Freiheit verlieren. Für die Finma ist das Verfahren abgeschlossen, aber die Bundesanwaltschaft ermittelt weiter. Ziegler drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis!