So sollen in den Autorenangaben zu seinen Publikationen akademische Titel oder Verweise auf Studien stehen, die nicht zutreffend sind, wie Recherchen der «NZZ am Sonntag» zeigen. Die Zeitung basierte sich unter anderem auf ein in Auftrag gegebenes Gutachten des österreichischen Plagiatforschers Stefan Weber.
Dieser schreibt auf seiner Website, Schneider stehe im Verdacht, seit mindestens zehn Jahren in seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen systematisch plagiiert zu haben und zwei Professuren vorgetäuscht zu haben.
Henrique Schneider und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) waren für eine Stellungnahme vorerst nicht erreichbar. Gegenüber der «NZZ am Sonntag» teilte Schneider mit, er führe keine akademischen Titel und interveniere, wenn immer er merke, dass solche Titel und Funktionsbeschreibungen mit ihm in Verbindung gebracht würden.
Bezüglich der Plagiatsvorwürfe sagte er, dass er ausschliessen möchte, dass es in diesen Publikationen zu Plagiaten kommt oder gekommen sei. Die Texte hätten Peer Reviews überstanden und einen Redaktionsprozess, der die Originalität des Textes überprüfe.
Bei Wikipedia abgeschrieben
Plagiatsforscher Weber dokumentierte insgesamt 65 Textplagiate in zehn wissenschaftlichen und journalistischen Veröffentlichungen von Schneider. Er habe zum Teil absatzlange Plagiatsfragmente gefunden, schreibt Weber in dem Gutachten. Quellen der Plagiate seien unter anderem Wikipedia, die Stanford Encyclopedia of Philosophy und eine in Luzern eingereichte Diplomarbeit.
In den Autorenangaben diverser Veröffentlichungen Schneiders stellte der Gutachter zudem zweifachen Titelmissbrauch fest. Entgegen seiner Angaben aus den Jahren 2011 und 2015 sei Schneider nie Professor an der Universität Wien und nie Professor an der Universität Graz gewesen.
Für den Gutachter ist «befremdlich bis unbegreiflich», dass die falschen Titel trotz Peer Review in Fachzeitschriften niemandem aufgefallen sind. Ebenso unbegreiflich sei, dass die Plagiate selbst renommierte Verlagshäuser nicht entdeckt hätten.
Henrique Schneider soll am 1. Juli die Nachfolge von Hans-Ulrich Bigler an der Spitze des SGV antreten. Der 45-Jährige ist seit 2010 für den SGV tätig, seit 2015 leitet er als stellvertretender Direktor die Ressorts Wirtschaftspolitik und Nachhaltigkeit. (SDA)