Bestatter im Hitzestress
«So einen Juli habe ich noch nie erlebt», sagt Rudolf A. Thoma (65), Inhaber des grössten Bestattungsinstituts im Raum Basel, der Bürgin und Thoma AG. In diesen Wochen steht er unter Hitzestress: Wegen der hohen Temperaturen sterben wesentlich mehr Menschen als sonst. «Normalerweise bestatten wir pro Woche um die 70 Leichen. Jetzt sind es an die 100», sagt Thoma, dessen Unternehmen in der ganzen Schweiz und sogar im Ausland tätig ist.
Auch bei Alfred Ackermann (54), Bestattungsunternehmer im Raum Sarganser-, Bündner- und Glarnerland, herrscht Hochbetrieb. «Wir hatten in den letzten Wochen 30 Prozent mehr Todesfälle als im gleichen Zeitraum des Vorjahres», sagt Ackermann. «Die Leute muten sich zu viel zu bei diesen Temperaturen!»
Die tödliche Hitze ist kein isoliertes Ereignis: Wie schon im Rekordsommer 2003 steigt die Zahl der Todesfälle auch jetzt mess- und fühlbar. Einer französischen Studie zufolge starben vor zwölf Jahren in ganz Europa rund 70000 Menschen mehr als sonst; in der Schweiz gab es etwa 1000 zusätzliche Todesfälle.
Vor allem für ältere Menschen ist die Hitze gefährlich. «Der Verlust von Flüssigkeit und Salz kann für Hochbetagte gefährlich werden und zum Tod führen», warnt Stephan Knoblauch (52), Chefarzt des Kantonsspitals Nidwalden in Stans. Er und sein Team mussten in den letzten Wochen wesentlich mehr Notfälle behandeln. «Vor allem bei den Kreislaufzusammenbrüchen beobachten wir eine Zunahme», sagt Knoblauch.
Ein Ende der Hitze ist vorerst nicht in Sicht. Die Telefone bei den Bestattern laufen also weiter heiss: Rudolf A. Thoma aus Basel versucht dennoch, Ruhe zu bewahren – und anderen dazu zu raten: «Passen Sie gut auf sich auf! Nehmen Sie es mehr piano.»
Fische auf der Flucht
Selbst Bäume atmen schwer und Tiere schwitzen. Eine Gattung aber bleibt still – obwohl auch sie unter den Temperaturen leidet. «Wir geben den stummen Fischen eine Stimme», sagt Philipp Amrein (56), Fachleiter Jagd und Fischerei Luzern. Er und sein Team stehen unermüdlich im Einsatz: Bis 800 Forellen mussten Amrein und seine Kollegen allein diese Woche retten. «Die Situation in einigen Bächen im Kanton ist prekär.»
Ab 22 Grad Wassertemperatur wird es für Forellen lebensgefährlich. Amrein holt sie mit Netzen aus der lauwarmen Brühe. In Eimern bringen sie die Forellen in kühlere Gewässer. Auch die Fischereiaufseher im aargauischen Sisseln mussten diese Woche ausrücken. Der gleichnamige Bach ist praktisch ausgetrocknet. «Die Fische sind in tieferen Stellen, sogenannten Fischfallen, gefangen», sagt David Bittner (37), Bereichsleiter Fischerei im Kanton Aargau. «Wenn wir das Gewässer nicht ausgefischt hätten, wären sie qualvoll verendet.»
Thomas Maurer (49), Kantonaler Fischereiaufseher für das ganze Emmental, wünscht sich sehnlichst mehrere Tage Regen. Bleibt er aus, könne es schnell kritisch werden: «Wir haben im oberen Emmental bereits 1500 bis 2000 Bachforellen umgesiedelt.»
Bei der Umsiedlung wird darauf geachtet, dass die Fische möglichst im gleichen oder in Gewässern ausgesetzt werden, in welche die Bäche münden. So können Forelle, Äsche und Co. in ihren gewohnten Lebensraum zurückschwimmen, sobald es der Wasserstand erlaubt.
Und auch wenn sie es nicht sagen können: Am liebsten wären wohl auch die Fische derzeit in den Bergen. So sind etwa die Bündner Gewässer wegen der Schneeschmelze noch immer angenehme 15 Grad kühl.
Das Eis schmilzt dahin
Neun Grad zeigte gestern das Thermometer auf dem Titlisgletscher, die Touristen erschienen in kurzen Hosen. Doch was für die Besucher angenehm ist, schadet dem ewigen Eis. Die Gletscher schmelzen schneller als sonst. Am Titlisgletscher und am Gemsstock in Uri gibt es bereits erste blanke Stellen. Der Titlisgletscher könnte in diesem Jahr um bis zu drei Meter zurückgehen, befürchten Experten.Problematisch ist nicht nur die Hitze, sondern auch, dass im letzten Winter zu wenig Schnee fiel. Den Gletschern fehlt deshalb eine ausreichend dicke Schutzschicht, mit der sie der Hitze trotzen könnten.
Eiszeit auf Pluto
Die wohl schönste Schattenseite des Sommers liefert die Raumsonde «New Horizon» mit Aufnahmen vom Pluto. Auf den Bildern des Zwergplaneten sind riesige Krater zu sehen, 3000 Meter hohe Berge, aber auch mysteriöse Schatten. Was die Forscher besonders überrascht: Auf dem Pluto gibt es eine riesige vereiste Ebene. Experten der US-Raumfahrtbehörde schätzen, dass sie jünger als 100 Millionen Jahre ist – und noch immer von geologischen Kräften geformt wird.
«Sputnik-Planum» tauften die Forscher das gewaltige Eisfeld. Die Erkenntnisse sind eine Sensation. Ein Nasa-Forscher jubelt: «Die Entdeckung von grossen, kraterlosen und sehr jungen Ebenen auf Pluto übertrifft alle Erwartungen.» Die lange Reise von «New Horizon» hat sich also gelohnt: Die Raumsonde ist seit neun Jahren unterwegs, legte rund fünf Milliarden Kilometer zurück. Erst in 16 Monaten wird sie alle Daten und Fotos vom Pluto auf die Erde übermittelt haben.