Milder Winter? Eisiger Winter? Weisser Winter? Verlassen wir uns auf die Prognose eines sibirischen Schwans, steht Europa ein langer und kalter Winter bevor. Jedes Jahr ziehen rund 300 Zwergschwäne aus der russischen Arktis westwärts auf der Flucht vor dem kalten Wetter (das ihnen allerdings nachfolgt).
Die Vögel fliegen ins WWT-Naturschutzgebiet in Slombridge, Grossbritannien, wo ihre Ankunft seit 1963 registriert wird. Am vergangenen Sonntag ist der erste Zwergschwan nun angekommen – 25 Tage früher als im letzten Jahr und so früh, wie noch seit 1963 nicht mehr.
«Es ist aufregend, dass ein Vogel so früh angekommen ist»
«Natürlich können wir aus der Ankunft eines einzelnen Schwanes nicht viel herauslesen aber es ist aufregend, dass der Vogel so früh angekommen ist», sagt Julia Newth, Schwan-Expertin aus Slombridge zum «Telegraph». Zwergschwäne sind die kleinsten und seltensten ihrer Familie. Sie leben im Sommer in Sibirien und kommen normalerweise zwischen Oktober und Januar in Slombridge an.
Die frühe Ankunft des ersten Vogels der mit dem ersten Frost zusammenfällt, ist für Experten ein mögliches Anzeichen für einen langen und harten Winter. Laut Newth gibt es denn auch ein russisches Sprichwort das besagt, dass der Schwan in seinem Schnabel Schnee bringt, weil die Vögel dem kalten Wetter vorneweg fliegen.
Laut «Telegraph» ist die verstärkte Aktivität des Klimaphänomens El Niño ein weiteres Anzeichen dafür, dass Europa mit einem längeren und kälteren Winter rechen muss als üblich.
Intensiv beforscht und trotzdem unsicher
Thomas Schlegel von Meteo Schweiz beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie mag weder aus dem frühen Vogelflug noch aus dem Wetterphänomen El Niño eine Prognose für einen eisigen Winter lesen: «Die Beobachtung eines Vogels sagt vermutlich eher etwas über die aktuelle Wetter-Situation aus und nicht über das, was in den nächsten Monaten kommt», sagt Schlegel.
Grundsätzlich seien Langfristprognosen – obwohl intensiv beforscht – nach wie vor mit grossen Unsicherheiten behaftet: «Das gilt speziell auch für Mitteleuropa und die Schweiz.»
Zu den Auswirkungen von El Niño auf das Wetter in Europa hält der Klima-Experte fest, dass kein direkter Einfluss zu bestehen scheint. Auch vom Golfstrom sei kein aussergewöhnlicher Einfluss zu erwarten: «Uns wären keine speziellen Abweichungen im Verhalten des Golfstromes zum aktuellen Zeitpunkt bekannt.» Der Golfstrom sorgt gewöhnlich für gemässigtes Klima in West- und Mitteleuropa.
Trotz und mit aller Vorsicht wagt auch Meteo Schweiz einen Saisonausblick (abgestützt auf zahlreiche Modell-Simulationen mit allen weltweit verfügbaren Messdaten): Er zeigt für das Mittel der Periode November 2015 bis Januar 2016 eine Tendenz zu überdurchschnittlichen also höheren Temperaturen.
Auf einen Grosseinkauf von Moonboots und Wärmedecken kann also vorerst verzichtet werden - sofern einem der Warnruf des sibirischen Kleinschwans nichts gilt. (ant)