Darum gehts
- Extreme Schneefälle im Wallis und im Berner Oberland
- Zahlreiche Verkehrswege unterbrochen, Haushalte ohne Strom
- Verschiedene Gemeinden richteten Notfalltreffpunkte ein
Die Wetterlage hat sich nach den Unwettern der Nacht zum Donnerstag allmählich beruhigt. Gesperrte Verkehrswege in den Kantonen Wallis und Bern sind teilweise wieder in Betrieb. In einigen Dörfern fehlt noch der Strom. Verletzt wurde landesweit niemand.
Rund 3400 Anschlüsse sind im Berner Oberland nach wie vor nicht am Stromnetz angeschlossen, wie der Berner Energiekonzern BKW am Donnerstagabend mitteilte. Die Reparaturen gestalten sich schwierig, weil Zugänge durch die gefallenen Schneemassen unpassierbar seien oder umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste die Stromleitungen beschädigt hätten, erklärt BKW-Sprecherin Sharon Schär. Durch die Stromausfälle sind auch die Mobilfunknetze beeinträchtigt.
Wallis rief besondere Lage aus
Im Wallis ist unter anderem Zermatt von der Umwelt abgeschnitten. Bevölkerung und Touristen müssen bis voraussichtlich Freitagmorgen ohne Strom auskommen. Das Energieunternehmen Oiken stellte im Val d'Anniviers in den Dörfern Grimentz, Zinal, Vissoie und Ayer die Stromversorgung bis zum Donnerstagabend wieder her. Für St-Luc und Chandolin laufen Arbeiten. Im Val d'Hérens erfolgten Reparaturen mit einem Helikopter, noch zwei Weiler bleiben ohne Strom.
Im Val des Dix ab Ayerwar ist der Zugang zu den Versorgungsinfrastrukturen unmöglich. Diese Region könne nicht vor Freitag wieder angeschlossen werden, heisst es bei Oiken.
Die Walliser Kantonsregierung rief am Donnerstagmorgen die besondere Lage aus. Damit war es den Behörden möglich, zusätzliche Mittel oder die Hilfe der Armee anzufordern. Ausserdem hielt die Regierung die Menschen an, zu Hause zu bleiben. Auch die Schulen blieben geschlossen. Verschiedene Gemeinden richteten Notfalltreffpunkte für den Kontakt zu den Rettungsdiensten ein.
Insgesamt standen während der ausserordentlich starken Schneefälle im Wallis nach Regierungsangaben vom Abend über 500 Feuerwehrleute im Einsatz. Hinzu kamen 170 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verkehrsinfrastruktur. Geleitet wurden sie von 26 Einsatzzentralen aus.
Lawine am Grossen St. Bernhard, Simplonpass gesperrt
Eine Lawine beschädigte die Schutzgalerie vor dem Tunnel-Nordportal des Grossen St. Bernhards nach Italien. Wegen der hohen Lawinengefahr konnte vor Freitag keine Schadensinspektion erfolgen, wie das Bundesamt für Strassen am Abend mitteilte.
Die Autobahn A21 soll in der Nacht auf Karfreitag für den Lokalverkehr zwischen Martigny und Bourg-St-Pierre wieder offen sein. Transitfahrten nach Italien hingegen sind nicht möglich. Der Simplonpass ist wegen der Lawinengefahr gesperrt.
Neben den gesperrten Nord-Südachsen Simplon und Grosser St. Bernhard sind auch Zufahrten in die Seitentäler eingeschränkt oder teilweise gesperrt – nach Kantonsangaben vielleicht für Tage.
Die Einschränkungen im Bahnverkehr zwischen Brig und Leuk waren bis am Abend behoben. Züge zwischen Bern und Brig fuhren ebenfalls wieder durch den Lötschberg-Basistunnel. Die Eurocity-Züge via Simplon nach Mailand verkehren ab Freitagmorgen wieder, wie die SBB-Medienstelle meldet.
Steigende Pegelstände in Norditalien
Sorgen bereiten die hohen Pegelstände der Flüsse Ticino und Po in Norditalien. Letzterer erreichte am Donnerstag um 13 Uhr einen Pegelstand von 3,25 Metern über Null, wie die italienische Nachrichtenagentur Ansa berichtet. Auch der Fluss Ticino zeigt steigende Pegel, weshalb die Behörden besonders den Wasserpegel des Lago Maggiore beobachten.
Die grössten Sorgen bereitet den Behörden in Norditalien jedoch der Fluss Sesia, der am Donnerstagvormittag um 11 Uhr in an der Grenze zur Provinz Vercelli einen Pegelstand von 5,27 Metern über Null erreichte.
Bis zu 200 Liter Niederschlag pro Quadratmeter
Für einzelne Gebiete in der Schweiz war die höchste Gefahrenstufe ausgerufen worden. Von den starken Niederschlägen waren besonders das Simplongebiet und das Maggiatal betroffen, wie aus dem Naturgefahrenbulletin des Bundes hervorgeht. Zwischen Dienstagabend und Donnerstagmorgen fielen dort bereits 200 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Die Niederschläge nahmen ab Mittwochnachmittag an Intensität zu und die Schneefallgrenze sank.
Im Oberwallis, auf dem Walliser Alpenkamm sowie im Berner Oberland gab es 100 Millimeter Niederschlag – grösstenteils Schnee. Auf 2500 Metern über Meer mass Meteoschweiz rund 100 Zentimeter Neuschnee. Im Rhonetal und im Berner Oberland schneite es bis in tiefe Lagen.
Zermatt VS bis Freitagfrüh ohne Strom
Die Bevölkerung von Zermatt VS sitzt bis Freitag, 8 Uhr, im Dunkeln. Der Strom bleibt aus, wie die Gemeinde laut dem «Walliser Boten» mit. Wer sein Handy laden möchte, könne dies bis 18 Uhr in der Triftbachhalle kostenlos tun.
In Zermatt bleibt zudem das Handynetz instabil. Einheimische und Touristen müssen sich auf Störungen und Ausfälle gefasst machen. Die Zahnradbahn zum Gornergrat wird ferner den gesamten Freitag nicht betrieben.
Auch Saastal ohne Strom
Wie der «Walliser Bote» zuvor bereits berichtet hatte, war das komplette Saastal am frühen Donnerstagabend ohne Strom. Schuld ist der Ausfall der 65-KV-Leitung zwischen Stalden und Saas-Balen VS. Praktisch alle Geschäfte haben zugemacht, heisst es weiter. Auch das Mattertal hat aufgrund von Schäden am Hochspannungsnetz keine Elektrizität, wie das Kantonale Führungsorgan (KFO) am Abend mitteilte.
Ein Leserreporter meldet um kurz vor 17.30 Uhr zudem: «Visperterminen ist nach wie vor von der Umwelt abgeschnitten.» Dort gebe es seit 5.30 Uhr keinen Strom mehr. Hinzu kommen Strassensperrungen.
Zermatt Tourismus äussert sich zur Schnee-Lage
David Taugwalder, Leiter Kommunikation von Zermatt Tourismus, hat Blick ein Update zur Lage in Zermatt gegeben. Die Lage sei ruhig. «Die Sicherheit ist jederzeit gewährleistet, solange die laufend aktualisierten Sicherheitsvorschriften der lokalen Behörden befolgt werden», teilt er mit. «Unsere Gäste sind trotz der äusseren Umstände bestens aufgehoben.»
Zermatt zeige sich trotz der «Wetterkapriolen» sehr resilient und solidarisch untereinander. Trotz der widrigen Umstände freue man sich über den Schnee. In den kommenden zwei Wochen rechnet Taugwalder mit besten Schneebedingungen in den höheren Lagen und den noch geöffneten Skigebieten.
Raron VS: Seilbahn nach Unterbäch ausgefallen
Ein weiterer Leserreporter meldet sich aus Raron VS. «Der viele Regen und Schnee sind gut sichtbar», berichtet er. Ein Stromausfall in der Gegend habe zum Ausfall der Seilbahn nach Unterbäch VS geführt.
Erstaunlicher Kontrast: Strahlender Sonnenschein im Kanton Nidwalden
Während im Süden der Schweiz heftige Niederschläge Behörden und Einsatzkräfte in Atem halten, sieht es in anderen Teilen der Schweiz wettertechnisch gut aus. Das zeigt auch das Bild einer Leserreporterin aus Ennetbürgen NW, wo beim Abendspaziergang mit Hund Shiva die Sonne lacht. Ein Blick auf das Foto und das Niederschlagsradar von Meteo News verrät: Es ist trocken. Die Temperatur liegt bei 9 Grad, geregnet hat es am Donnerstag noch gar nicht.
Lawine beschädigt Schutzgalerie von Tunnel auf der Strasse zum Grossen St. Bernhard
Im Kanton Wallis haben die intensiven Schneefälle und der Dauerregen nach Angaben des kantonalen Führungsorgans (KFO) bis Donnerstagnachmittag kaum grössere Beschädigungen an der Infrastruktur verursacht. Gemäss bisherigen Erkenntnissen gab es nur einen grösseren Schaden durch eine Lawine auf der Strasse zum Grossen St. Bernhard.
Dort beschädigten die herunterstürzenden Schneemassen die Schutzgalerie vor dem Tunnel, wie das KFO der Nachrichtenagentur Keystone-SDA auf Anfrage sagte. Demnach müssen an diesem Ort Sicherungsmassnahmen getroffen, bevor die Strasse wieder für den Verkehr geöffnet werden kann. Die Verbindung nach Italien ist aktuell unterbrochen, wie das Bundesamt für Strassen (Astra) mitteilte.
Seit dem frühen Donnerstagnachmittag beruhige sich die Lage im Kantonsgebiet mit den nachlassenden Niederschlägen allmählich. Im Oberwallis sei in den nächsten Stunden indes mit weiteren Niederschlägen zu rechnen. Die Behörden würden die Situation weiterhin aufmerksam verfolgen, zumal einige Zufahrtswege gesperrt bleiben, hiess es weiter.
Unwetterlage im Berner Oberland beruhigt sich
Nach den heftigen Schnee- und Regenfällen in der Nacht auf Donnerstag hat sich die Lage am Nachmittag im Berner Oberland zu beruhigen begonnen. Verschiedene gesperrte Strassen und Bahnlinien konnten wieder in Betrieb genommen werden, andere bleiben noch geschlossen.
Auch Strom gab es noch nicht überall. Rund 5500 Anschlüsse seien noch nicht wieder am Stromnetz angeschlossen, sagte BKW-Mediensprecherin Sharon Schär der Nachrichtenagentur Keystone-SDA gegen 16 Uhr. Stärker betroffen waren auch am Donnerstagnachmittag noch das Kandertal, die Region Adelboden, das Saanenland und das Simmental. Die Reparaturteams seien mit Hochdruck am Arbeiten, doch sei es mancherorts schwierig oder gar unmöglich, an die betroffenen Orte zu gelangen, weil Strassen unpassierbar seien, führte Schär aus.
Umgestürzte Bäume, abgebrochene Äste oder auch die Last des Schnees können Stromleitungen beschädigen und zu Kurzschlüssen führen. Von den Stromausfällen waren auch Mobilfunknetze betroffen. In einzelnen Regionen sei der Mobilfunkempfang stark eingeschränkt oder teilweise unterbrochen, hiess es bei Swisscom.
Schnee-Situation in Sitten VS entspannt sich
Die Lage in der Walliser Kantonshauptstadt Sitten hat sich nach den heftigen Schneefällen am Donnerstagnachmittag allmählich normalisiert. Die meisten Strassen wurden gesichert und konnten wieder für den Verkehr freigegeben werden.
In den Wäldern und Naturgebieten bestand hingegen weiterhin ein sehr hohes Risiko von herabstürzenden Bäumen und Ästen, wie die Stadt Sitten mitteilte. Aus Sicherheitsgründen bleibt der Zugang zum Burghügel Montorge, zum Park Domaine des Îles und zu den Ufern der Borgne bis Dienstagmittag für die Öffentlichkeit gesperrt. Die starken Schneefälle verursachten grosse Schäden am Baumbestand von Sitten. Verletzt wurde nach Angaben der Stadtverwaltung niemand.
Mehr als hundert Feuerwehrleute, Polizisten, Mitarbeitende der Strassenverwaltung und der Park- und Gartenanlagen sowie Forstarbeiter standen seit 6 Uhr im Einsatz, um das Stadtgebiet zu sichern. Am Donnerstag waren die Einsatzkräfte hauptsächlich damit beschäftigt, beschädigte Bäume zu beschneiden und abgebrochene Äste abzutransportieren. Die Stadt Sitten teilte weiter mit, dass der grosse Ostermarkt am Karfreitag durchgeführt werden kann. Die traditionelle Eiersuche auf dem Burghügel Montorge ist hingegen abgesagt.
Eingeschneite Fahrzeuge in Adelboden BE
Wie Bilder eines Leserreporters zeigen, hat es am Donnerstag auch in Adelboden BE kräftig geschneit. An der Elsigen Talstation mass der Mann eine Schneehöhe von 70 Zentimetern, am Winter-Wanderweg Stigelschwand waren es 82 Zentimeter. Das war am Vormittag. Meteo News meldet um 15.20 Uhr noch eine Schneehöhe von 52 Zentimetern.
Die Bilder zeigen zahlreiche eingeschneite Fahrzeuge, unter anderem einen Traktor und gesperrte Strassenabschnitte aufgrund von Lawinengefahr und möglichen umstürzenden Bäumen.
Simplon Dorf führt das Niederschlagsranking an
Im südlichen Wallis, nördlichen Tessin und im südlichen Berner Oberland fallen seit 36 Stunden grosse Niederschlagsmengen, wie Meteo News in einem aktuellen Blogbeitrag schreibt. Auf die grösste Niederschlagsmenge kommt aktuell Simplon Dorf VS mit 210 Millimetern, gefolgt von Bosco/Gurin im Tessin mit 200 Millimetern und Visperterminen VS mit 191 Millimetern. Im Zuge der heftigen Niederschläge wurden enorme Neuschneesummen registriert, gebietsweise fielen über 2 Meter.
Grundsätzlich gibt es bei den Niederschlagssummen enorme regionale Unterschiede. Während in den genannten Gebieten vielerorts mehr als 100 Millimeter Niederschlag fiel, gab es in der Ostschweiz in Rheintal und Prättigau bis Donnerstagmittag teilweise überhaupt keinen Niederschlag, stellen die Wetterexperten fest.
Lebensmittelläden in Zermatt öffnen wieder
In Zermatt werden die Lebensmittelläden wieder geöffnet, schreibt der «Walliser Bote». «Denner und Migros sind an den Notstrom angeschlossen und werden demnächst mit einem limitierten Angebot öffnen», erklären die Verantwortlichen gegen Mittag.
Realp UR versinkt im Schnee
Auch in Realp UR ist der Winter zurück. Derzeit herrschen starker Schneefall und Temperaturen um den Gefrierpunkt, wie BRK News mitteilt. Bilder zeigen, wie der Räumungsdienst gegen die dicken Schneeschichten ankämpft.