Pyeongchang, Südkorea, im Februar 2018. Bevor sich Nevin Galmarini (32) das Snowboard an die Füsse schnallt, dröhnt es im Gehörgang des Engadiners mächtig laut. Der Song «Spit Out the Bone» von Metallica rattert in den Kopfhörern. Es ist der letzte Schubser, den der Schweizer zum grossen Coup braucht. Vier Ausscheidungsläufe später ist es vollbracht: Galmarini ist Olympiasieger im Parallelslalom!
Die Goldmedaille ist das Ergebnis minutiöser Planung. Dazu gehört auch die Musikwahl. «Ich habe mir das Lied bewusst ausgesucht und es dann während mehrerer Wochen absichtlich nicht gehört. Erst am Renntag habe ich es wieder abgespielt, damit es mich so richtig pusht.»
Dass es krachen muss, damit Galmarini Schub bekommt, ist schon länger klar. Der Bündner ist Metal-Fan. «Hart genug kann es für mich fast nicht sein», sagt er. «Ich höre viel Heavy Metal, aber mein Musikgeschmack reicht bis zu Black Metal und Death Metal.» Für Galmarini entscheidend: das Gitarren-Riff. Der Sänger kann grunzen, kreischen, schreien, das stört ihn alles nicht. «Aber wenn die Gitarre keinen Groove mehr hat, dann ist es auch für mich vorbei. Dann ist es selbst mir zu heavy.» Selber spielen könne er leider nicht gut genug, sagt er beim BLICK-Fototermin, die Gitarre in der Hand. «Ich würde es gerne richtig lernen.»
Sein Bruder entfachte die Metal-Leidenschaft
Im Schweizer Team steht der Gesamtweltcup-Sieger mit seiner Metal-Leidenschaft allein da. «Ich kenne praktisch niemanden, der die gleiche Musik wie ich hört.» Die entscheidende Ausnahme: sein Bruder Arno. Kurz nachdem sich Galmarini, er muss acht oder neun Jahre alt gewesen sein, sein erstes Album gekauft hatte («Bravo Hits, welche Ausgabe weiss ich nicht mehr. Aber es waren die Backstreet Boys und Rednex drauf.»), kam der ältere Bruder ins Spiel.
«Er hat mir die ganzen Rock-Sachen damals gezeigt. Es ging mit Nirvana los, das war das Härteste, später kamen Guns’n’Roses und irgendwann Metallica dazu – und dann die richtig heftigen Sachen.» Bis heute verbindet die Brüder die Rock-Leidenschaft. Die zeigt sich auch in der Einrichtung des Fitnesscenters, das Arno bis Ende Jahr in Zürich noch führt und wo Galmarini trainiert.
Seine Partnerin teilt die Metal-Liebe nicht
Kein Wunder also, dass Galmarinis erstes Konzert ein Metallica-Auftritt war. «Im Hallenstadion, ich war 18 und habe mein ganzes Geld zusammengelegt. Damals hat ein Ticket so um die 100 Franken gekostet.» Der Konzertbesuch blieb indes eine Ausnahme. «Als Profisportler gehst du nicht so viel mit den Kollegen an Konzerte, wo man dann auch mal ein Bier trinkt. Vor allem in jüngeren Jahren habe ich mir das immer gut überlegt – auch wenn drei Tage Festival im Sommer meine Karriere sicher nicht gefährdet hätten.»
***********
Galmarinis Top Ten
Metallica Spit Out the Bone
Amon Amarth Deceiver of the Gods
Parkway Drive The Siren’s Song
Machine Head Seasons Wither
Black Sabbath War Pigs
Disturbed Ten Thousand Fists
Metallica Orion
Black Label Society Stronger than Death
Rise Of The Northstar Here Comes the Boom
Vader Triumph of Death
***********
Partnerin Nadja, mit der er seit Sommer die Zwillinge Eddie und Louie hat, teilt seine Metal-Leidenschaft übrigens nicht. «Ich habe ihr meine Musik gezeigt», sagt er. «Sie ist da sehr tolerant. Aber ich verstehe, dass jemand irritiert reagieren kann, wenn er nicht schrittweise an den Sound herangeführt wurde. Dann klingt es eben nach Krach.»
So dreht Galmarini vor allem im Auto die Regler nach oben. «Maximale Lautstärke muss manchmal schon sein.» Bald braucht er ein Motivations-Lied – im Februar steigt in Park City (USA) die WM.