BLICK: Nevin Galmarini, im Februar wurden Sie Olympiasieger, im Juli sind Sie Vater geworden. Erleben Sie das schönste Jahr Ihres Lebens?Galmarini: Es ist ziemlich gut (lacht). Nach dem Olympiasieg ging es Schlag auf Schlag weiter, die Geburt von Eddie und Louie war definitiv der Höhepunkt. Vater werden ist noch einmal eine andere Liga als Olympiasieger. Das wird dann sehr schnell sehr unwichtig.
Es heisst immer, Zwillinge seien am Anfang besonders intensiv. Wie erleben Sie das?
Es gibt definitiv Situationen, da bist du überfordert. Das muss man nicht schönreden. Wenn beide gleichzeitig etwas brauchen, dann kann es schon etwas viel werden. Ob man allein ist oder mit der Partnerin zusammen.
Im Winter werden Sie im Weltcup wieder viel unterwegs ein. Dann wird Ihre Partnerin Nadia öfter allein sein.
Mir scheint, dass sich das Leben als Profi-Snowboarder gut mit dem Vatersein verbinden lässt. Im Moment trainieren wir auf dem Schnee – da bin ich vier Tage weg, dann aber wieder drei am Stück daheim. Wenn ich da bin, können wir als Familie intensiv Zeit miteinander verbringen. Aber etwas fällt mir heute eindeutig schwerer als früher.
Was denn?
Das Abschiednehmen. Früher hat man einfach «Tschüss» gesagt und ist aufgebrochen. Jetzt ist es schwieriger. Ich vermisse die Kleinen schon sehr.
Letzte Saison wurden Sie Olympiasieger, haben den Gesamtweltcup gewonnen. Sie gehen nun endgültig als Gejagter in die neue Saison. Macht Ihnen das zu schaffen?
Ich finde es cool, das erleben zu dürfen. Es ist eine neue Herausforderung. Und schliesslich kann man das erst erleben, wenn man mal zuoberst stand.
Die Erwartungen an Sie werden hoch sein.
Wenn ich mal nicht aufs Podest fahre, wird es nicht heissen, ich sei guter Sechster geworden, das ist klar. Dann hat halt der Olympiasieger das Podest verpasst. Aber das gehört dazu.
Was tun Sie, um nicht abzuheben?
Dafür mache ich das jetzt schon zu lang. Ich hatte nie die grossen Ausreisser nach oben, habe mich Schritt für Schritt nach vorne gearbeitet. Das macht demütig. Ich weiss: Wegen einer Olympiamedaille bist du noch kein «Siebesiech».
Wie hat sich Ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verändert?
Es ist zäh als Olympiasieger in einer Randsportart, die alle vier Jahre im Mittelpunkt steht. Wenn kurz nach Olympia die Fussball-WM anfängt, kräht kein Hahn mehr nach einem Alpin-Snowboarder.
Sie sind 31 Jahre alt. Wie lange fahren Sie noch?
Diese Saison sicher noch. Jetzt schauen wir, wie es als Familienvater läuft. Nächsten Frühling schliesse ich meinen Bachelor in Betriebsökonomie ab. Und werden wir sehen. Mit meinen Sponsoren habe ich Zweijahresverträge. Wenn alles passt, fahre ich weiter. Und wenn nicht, dann nicht. Im Moment sehe ich keinen Grund, aufzuhören.
Und Olympia in Peking 2022?
Das ist noch weit weg. Lange habe ich gesagt, dass ich dort eher nicht mehr dabei sein werde. Die kommende Saison wird mir mehr Informationen geben.