BLICK: Iouri Podladtchikov, Sie haben Ihren freiwilligen Corona-Einsatz mit der Armee hinter sich. Wie haben Sie ihn erlebt?
Iouri Podladtchikov: Am Schluss war es sehr schwer, zu gehen. Weil die anderen Soldaten ja länger bleiben müssen. Wenn du zehn Tage zusammen lebst und zusammen arbeitest, entwickeln sich Beziehungen. Es war mir unangenehm, so bald wieder ins zivile Leben zurückzukehren. Wir hatten es ja nicht locker, sondern mussten etwas dazu beitragen, diese Krise zu meistern. Das schweisst zusammen.
Haben Sie ein schlechtes Gewissen?
Nein, so kann man es nicht nennen. Ich hätte ja eigentlich diese Woche schon wieder Online-Kurse in der Schule (Podladtchikov absolviert ein Studium am International Center of Photography in New York, d. Red.) gehabt, jetzt wurden wegen der Corona-Pandemie die Ferien um eine Woche verlängert. Das konnte ich im Voraus nicht wissen, ich hatte eigentlich vor, meine ganzen Ferien für das Militär zu opfern. Aber umgekehrt habe ich in der Kaserne auch Abends noch bis 23 Uhr Online-Kurse absolviert, die meine Schule kurzfristig angesetzt hat. Es war ziemlich intensiv.
Sie haben Schutzscheiben hergestellt, wie man sie an Supermarkt-Kassen sieht.
Wir versuchen, denen zu helfen, die Jobs machen, die man nicht im Lockdown abstellen kann. Das war mir wichtig, das macht mich stolz. Fast wären wir noch in einen anderen Einsatz geraten.
Wie das?
Es hiess eines Tages, dass wir am nächsten Tag nach Basel geschickt werden könnten, um dort in Pflegeeinrichtungen zu helfen. Da hatten wir abends eine Schulung, wo wir lernten, wie man Kranke aufrichtet, solche Sachen. Das ist mir recht eingefahren, nach dem Motto: «Morgen früh gehts richtig los.» Davor hatte ich Respekt, aber wir wurden dann doch nicht benötigt. Was ja ein gutes Zeichen ist.
Sie sind vor ein paar Wochen aus New York zurückgekehrt, wo die Pandemie derzeit tobt. Wie nahe geht Ihnen die Lage dort?
Sehr. Ich habe im Stadtteil Brooklyn gewohnt, der an Queens grenzt, welches im Moment sozusagen das weltweite Epizentrum der Corona-Pandemie ist. Das fährt einem schon ein. Du siehst die Massengräber, die in der Nähe der Bronx ausgehoben werden. Wahnsinn.
Gehen Sie zurück nach New York?
Ja, irgendwann. Ich habe noch Sachen dort, soll von der Schule aus auch noch eine Ausstellung machen. Das haben sie uns versprochen, dass wir einen ordentlichen Abschluss bekommen. Aber keine Ahnung, wann das der Fall sein wird. Ich weiss einfach, dass ich im Moment froh bin, in der Schweiz zu sein.
Jetzt haben Sie unverhofft eine Woche frei. Was machen Sie?
(lacht) Viel kann ich nicht machen. Ende April war mal ein Trainingslager geplant, ich weiss nicht, ob wir das irgendwie durchführen können. Diese Woche sortiere ich mein Archiv – etwas, das man nur in der Quarantäne tun kann. Und eigentlich hatte ich bloss etwas vor: Viel Zeit in der Badewanne verbringen. Ich will viel baden.
Wieso denn das?
In New York hatte ich keine Badewanne. Und sonst bade ich sehr oft, ich nehme nach jedem Training ein Perskindol-Bad. Richtig viel trainieren kann ich nicht: Für uns Snowboarder wären Fitnesscenter, Skateparks, Trampolins wichtig, das können wir alles nicht benutzen. Ich wünschte, ich wäre ein Velofahrer. Dann könnte ich einfach fahren. Ich gehe sicher ein paar mal rennen, hier in Zürich, den Üetliberg hoch. Und ich springe gerade viel mit den Springseilen. Das tut meiner Achillessehne sehr gut, vielleicht hätte ich früher damit anfangen sollen.