Wonderboy hebt ab
Norweger Lindvik schon als neuer Schlierenzauer gefeiert

Er arbeitete einst als DJ. Jetzt sorgt Marius Lindvik auf Sprungschanzen für die Musik und siegt gleich doppelt an der Vierschanzentournee.
Publiziert: 05.01.2020 um 12:28 Uhr
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1. Januar 2020: Marius Lindvik siegt in Garmisch.
Foto: imago images/Eibner Europa
Stefan Meier

Einen grösseren Auftritt kann ein Skispringer kaum hin­legen. Marius Lindvik ist erst 21 Jahre alt und erstmals an der Vierschanzentournee dabei. Der Norweger geht gleich ab. Er ­gewinnt das Neujahrsspringen dank dem «Sprung seines ­Lebens», wie er selber sagt. Und er doppelt in Innsbruck sofort nach, siegt auch auf der Bergisel-Schanze und ist nun Gesamtzweiter. Ein neuer Wunderjunge erobert die Welt­spitze des Skispringens.

Diese grosse Bühne, die Lindvik mit seinen Siegen besteigt, behagt ihm durchaus. Ihm liegt nicht nur das Fliegen, sondern auch das ­Auflegen. Jahrelang arbeitete der Neuling als DJ. In der Stadt Lilleström östlich von Oslo sorgte er im «Martinsclub» für Party.

Irgendwann kam aber die ­Einsicht, dass sich ein Leben als DJ nicht mit demjenigen als Spitzensportler vereinen lässt. «Musik ist mein Hobby», sagt er in der norwegischen Zeitung «Verdens Gang». «Manchmal lege ich jetzt noch etwas für meine Teamkollegen auf.»

Doppelgold an Junioren-WM

Ansonsten sorgt er aber vor allem auf der Sprungschanze für Party und Freudentänze. Bei der ­Junioren-WM 2018 in Kandersteg sprang er zu zwei Goldmedaillen. Bald folgten erste Einsätze im Weltcup. Letzten Dezember der erste Einzel-Podestplatz in Klingenthal, Top-10-Plätze in Serie und nun also bereits die ersten Siege.

In Norwegen sind sie bereits ganz aus dem Häuschen wegen ihrem neuen Hoffnungsträger. Vor lauter Nachrichten muss er das Handy in der Nacht nach dem Neujahrs-Sieg ausschalten. «Wonderboy» nennen sie ihn schon. Clas Brede ­Brathen, der Sportmanager des Verbands, frohlockt: «Wir haben ­unseren Gregor Schlierenzauer ­gefunden.»

Bis zu den 53 Weltcupsiegen des Rekordhalters gibt es für Lindvik noch viel zu tun. Bei all den Lobeshymnen auf den Jungspund ist die Gefahr des Abhebens greifbar.

Mit der «Sprungtechnik der Zukunft»

Doch der Senkrechtstarter überzeugt vorerst auch durch Bodenständigkeit. Nach seinem ersten Triumph geht der Dank an seinen Vater. «Ohne ihn wäre ich nicht da, wo ich heute bin», stellt Lindvik klar. «Er war der Hauptsponsor, Psychologe, Trainer, Motivator, ­unterstützte mich mit meinen Auf und Ab.»

Und Lindvik lässt den nötigen Ehrgeiz erkennen. Im Sommer ­arbeitete er an seinem Springstil. Die Körperhaltung in der Luft hat er komplett überarbeitet. Er fliegt extrem flach über den Ski, wird darum auch bereits als Antwort auf Ryoyu Kobayashi betitelt. Sein Cheftrainer Alexander Stöckl: «Marius stösst an der Sprungkante extrem ab und hebt richtig ab. Es ist die Sprungtechnik der Zukunft.»

Der Zukunft? Wohl eher schon der Gegenwart. Lindvik ist in der Tournee-Wertung nun Zweiter. An Titelverteidiger Kobayashi und der deutschen Hoffnung Geiger ist er am Samstag vorbeigeflogen.

Innsbruck hat also wieder für ein Märchen gesorgt. Dasjenige vom letzten Jahr wiederholt sich leider nicht. Der Waadtländer Killian Peier, der auf der Bergisel-Schanze zu WM-Bronze sprang, kommt nur auf den 19. Platz, als einziger Schweizer im zweiten Durchgang.

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