Eine Karriere als Profisportler dauert, je nach Sportart und Verletzungspech, um die 15 Jahre. Spätestens wenn der vierzigste Geburtstag näher rückt, häufen sich normalerweise auch die Gedanken an den Rücktritt. Nicht so bei Skisprung-Ikone Simon Ammann. Der zweifache Doppel-Olympiasieger tritt in diesem Winter seine 27. Saison an. Mit seinen 42 Jahren ist er der älteste Springer im Weltcup.
Fragt man Simon Amman nach dem Grund, warum er noch nicht genug hat vom Spitzensport, folgt erst einmal eine ungewöhnlich lange Stille. Geht es darum, sich nochmals zu beweisen? Geht es um Nostalgie, oder rein um den Spass am Fliegen? Die Antwort bleibt kryptisch: Das «Spitzensport-Projekt», wie Ammann es nennt, weiterzumachen, sei keine ganz einfache, aber sinnvolle Entscheidung.
Neuer Schwung mit neuem Trainer
Obschon die Skisprung-Legende in den letzten 27 Jahren jeden Winter im Weltup mit dabei war, verschob sich Ammanns Fokus zuletzt auf sein Studium. An der HSG studiert er Betriebswirtschaft. Das fordert den Familienvater sehr. Wann er den Bachelor in der Tasche hat, kann er nicht so genau sagen. «Ich versuche, meinen Stundenplan so zu gestalten, dass alles irgendwie aneinander vorbeigeht. Aber es ist ein ständiger Balance-Akt.» Immerhin vor dem Weltcup in Engelberg OW am 16. Dezember hat Ammann eine kurze prüfungsfreie Phase.
Was er an diesem Heim-Weltcup aus sportlicher Sicht abliefern wird, ist schwierig einzuschätzen. Konkrete Ziele setzt er sich nicht mehr. Vielmehr will er gemeinsam mit dem neuen Cheftrainer, dem Norweger Rune Velta (34), an seiner Flugtechnik feilen. Velta, der acht Jahre jünger als Ammann ist, fokussiere weniger auf den Absprung, sei viel mehr «flugorientiert», erklärt Ammann. Was ihm persönlich zugutekommen könnte. Denn obschon die sportlichen Ambitionen des vierfachen Olympiasiegers tief sind, will er doch noch im Weltcup mitmischen. «Ich habe in der letzten Saison gesehen, dass ich es noch in die erweiterte Weltspitze schaffe – wenn auch mit grossem Rückstand.»
Sorgen beim Hotelprojekt
Neben dem Vollzeitjob als Spitzensportler und dem Teilzeitjob als Student laufen bei Simon Ammann noch eine ganze Handvoll Projekte parallel. Der Skispringer betreibt seine eigene Sportmanagement-Firma. Bei den Toggenburger Bergbahnen sitzt er im Verwaltungsrat. Und als ob das noch nicht genug wäre, verfolgt er noch sein eigenes Hotelprojekt in Alt St. Johann SG. Dort ersteigerte er vor einigen Jahren das altehrwürdige und sanierungsbedürftige Hotel Hirschen. Wobei der Traum vom eigenen Hotel nun offenbar geplatzt ist: «Das ist leider vom Tisch», sagt er und fügt vage hinzu: «Vielleicht gibt es stattdessen ein Café.» Kurz darauf verabschiedet sich Ammann. Nicht, weil das Training ruft. Sondern, weil eine Besprechung mit der St. Galler Denkmalpflege ansteht. Der ganz normale Termin-Wahnsinn in Simon Ammanns Alltag.