Ammann kämpft mit Problemen
Simi, hast Du den Absprung verpasst?

Simon Ammann hat grosse Probleme. Er springt zu spät ab. Er fliegt zu kurz. Er landet schlecht. Und er denkt zu viel.
Publiziert: 12.12.2016 um 23:31 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:14 Uhr
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Flug ins Ungewisse: Simon fliegt in Engelberg – schon letztes Jahr gabs nur die Plätze 14 und 21.
Foto: TOTO MARTI
Hans-Peter Hildbrand

Ausgerechnet vor dem Weltcup-Heimspiel in Engelberg (Samstag/Sonntag) stürzt Simon Ammann (35) ab. Mit der schlechtesten Saisonleistung verpasst er in Lil­lehammer den zweiten Durchgang. Eine einzige Frage stellt sich nach fünf Weltcup-Bewerben: Ist diese 20. Weltcupsaison die eine zu viel?

Davon will der Toggenburger nichts wissen. «Sicher, ich habe mir meinen Saisonstart anders vorgestellt. Diesen Rückschlag in Lillehammer muss ich wegstecken – und geduldig weiterarbeiten.»

Ammann hat es nicht einfach. Wenn sich in Engelberg der Knoten nicht löst, muss er Auskunft geben. Dann wird er sich in der Technik der Skifliegerei verheddern. Dann reden seine Trainer von einer Krise.

Angleiten, springen, landen. So simpel sich die Sportart Skispringen beschreiben lässt, so kompliziert ist sie zu verstehen. Für die Athleten ist es eine Psycho-Sportart.

Beispiel: Was macht ein Springer, wenn er nicht auf Weite kommt? Am besten nichts erzwingen. Nicht zu viel denken. Einfach geschehen lassen. Aber kann das Simon?

Er ist viermaliger Olympiasieger, zweifacher Weltmeister, Weltcup-Gesamtsieger und Gewinner von 23 Weltcupspringen. Und er hat an den Olympischen Spielen 2010 mit seiner Stabbindung die Sportart revolutioniert. Er hat hohe, vielleicht zu hohe Ansprüche.

Er soll sich an die Olympischen Spiele 2002 in Salt Lake City erinnern. Da sitzt er oben am Balken der Normalschanze. Zittert. «Ich lag nach einem ersten Sprung noch nie in Führung, ich habe noch nie gewonnen. Und jetzt muss ich da runter und Gold abholen.» Er hat es geschafft, weil er jede Chance packt.

Dann fliegt er fünf Jahre der Konkurrenz hinterher. Kann sich seine Schwächen, die Ergebnisse nicht erklären. Im Zielauslauf hat er oft traurige und feuchte Augen. Er ist verzweifelt. Die Konkurrenz hakt ihn ab. Dann die Weltmeisterschaften 2007 in Japan! Simon Ammann holt in Sapporo aus dem Nichts Gold.

Simi muss das Skispringen nicht komplizierter machen, als es ist. Er soll den ganzen Sprungablauf einfach geschehen lassen. Sein Muskelgedächtnis wird ihn nicht im Stich lassen. Einfach springen – und den Absprung treffen. Auf der neuen Titlis-Schanze in Engelberg – sie lässt Weiten von bis zu 150 Metern zu – fällt eine schlechte Landung weniger ins Gewicht.

Simon Ammann muss seinen Hang zur Perfektion auf die Seite stellen. Aufhören, Details in der Landung zu erzwingen. Am Ende seiner Karriere sollte er so routiniert sein, dass Schwierigkeiten in seinem Ablauf das Sprungsystem nicht mehr so sehr ins Wanken bringen.

Er weiss doch: Ein guter Flug im Training – und sein Muskelgedächtnis hat den optimalen Absprung wieder gespeichert. Dann wären es doch nicht die zwei Jahre zu viel.

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