Gregor Deschwanden hebt lachend den Mahnfinger. «Schreibt mir ja den Simon nicht ab», sagt der Schweizer Teamleader in der Interview-Zone, als sich Ammann im ersten WM-Springen in Planica (Sln) überraschend gut schlägt. Platz 28 auf der kleinen Schanze – trotz einer schwierigen, kurzen Saisonvorbereitung. Der 41-jährige Vierfach-Olympiasieger hat noch immer jede Menge Spass am Fliegen. Er will geniessen. Denn es könnte seine letzte WM sein.
Doch auch wenn mit jedem Jährchen und jedem Grossanlass die Chance steigt, dass die Skisprung-Legende tatsächlich bald abtritt, so hat Ammann auch schon mehrfach bewiesen, dass eine Wette auf seinen Rücktritt keine gute Anlage ist.
So mancher Chronist hat sich in diesem skisprungverrückten Toggenburger schon getäuscht. 2012 titelt Blick nach seinem vorzeitigen Rückzug von der Vierschanzentournee: «Hört Simi jetzt auf?» Er lässt es lange offen. Aber nein, tut er nicht.
Blick glaubte nicht an Fortsetzung der Karriere
Nach Olympia 2014 und den Plätzen 17 und 23 ist Ammann am Boden zerstört. Blick glaubt nicht an eine Fortsetzung seiner Karriere nach der Saison, schreibt: «Am Ende des Weges.» Nun: Ist er nicht.
Olympia 2018: Obwohl Ammann vier Jahre zuvor sagte, er würde «zu 99 Prozent» nicht in Pyeongchang antreten, tut er es. SonntagsBlick begleitet ihn auf seinem vermeintlich letzten olympischen Arbeitstag. Doch Ammann verkündet den Abschied nicht.
Zwei Jahre später wird die Skiflug-WM in Planica abgesagt. Corona-Lockdown. «Simi droht trauriges Karriere-Ende» lautet die Schlagzeile. Was macht Ammann? Er hört auf sein «Herz». Und macht weiter.
2022 dasselbe Szenario. «Ammanns dritter Abschied von Olympia» schreibt Blick. Ist er endgültig? Wahrscheinlich. Doch springen tut er ein Jahr später in Planica immer noch.
Heute steht der Teambewerb an. Ob es sein letztes Hurra an einem Grossanlass ist, bleibt abzuwarten. Auch Chronisten lernen. Und wie sagte der polnische Top-Springer Dawid Kubacki kürzlich? «Simi hat das Recht, noch ewig zu springen.»