Der Anzug-Streit hat seine ersten Opfer gefordert: Dem Norweger Marius Lindvik ist kurz nach dem WM-Wettkampf in Trondheim seine Silber-Medaille aberkannt worden. Die FIS gab als Grund eine «Manipulation des Anzugs» an. Auch Teamkollege Johann Andre Forfang verlor seinen fünften Rang. Lindvik hatte sechs Tage zuvor Gold von der Normalschanze gewonnen.
Silber hinter Weltmeister Domen Prevc ging somit an den Österreicher Jan Hörl, der Japaner Ryoyu Kobayashi rückte auf den Bronze-Rang vor. Die Ränge der Schweizer, die sich für den Final qualifizierten: 7. Gregor Deschwanden, 20. Killian Peier, 24. Yanick Wasser.
«Das ist nichts Besonderes»
Den Stein ins Rollen gebracht hatten im Geheimen gedrehte Filmaufnahmen eines polnischen Journalisten. Darauf ist zu sehen, wie in Einzelteile zerlegte Sprunganzüge der norwegischen Athleten an den Nähten getrennt und wieder zusammengenäht werden. Die Delegationsleitungen von Österreich, Slowenien und Polen deponierten bei den Verantwortlichen des Internationalen Skiverbandes FIS deshalb einen Protest gegen die Zulassung der einheimischen Skispringer am Wettkampf.
Norwegens Skisprung-Chef Jan Erik Aalbu hatte in der ARD erklärt, die Anzüge in dem Video seien für den Weltcup am kommenden Wochenende in Oslo und nicht für die WM gedacht. «Das Video zeigt, dass unser Mann Anzüge vorbereitet. Das ist nichts Besonderes», sagte Aalbu.
Skeptischer ARD-Experte
An dieser Darstellung gibt es aber erhebliche Zweifel. «Wenn das die Anzüge für die neue Periode sind, frage ich mich, warum die Anzüge auf dem Video Chips enthalten. Die gibt es erst, wenn die WM vorbei ist», sagte ARD-Experte Sven Hannawald. Der Deutsche Skiverband sah das ähnlich. «Die Argumente vom Kollegen Aalbu werden von allen führenden Anzugexperten zerlegt, komplett», sagte Sportdirektor Horst Hüttel.
Der Deutsche Skiverband unterschrieb den Protest dennoch nicht. Grund sei, dass dort «gefordert wurde, dass alle Athleten, Damen und Herren, die bei der WM gestartet sind, Nordische Kombination wie Skispringen, komplett annulliert werden sollen», sagte Hüttel: «Da sage ich: Da tue ich mich schon schwer, wir wollen ja nicht aufeinander rumhacken.»
«Völlig unakzeptable Dinge»
Auch Bundestrainer Stefan Horngacher war bedient, trotz der guten Leistung insbesondere von Raimund. «Es sind ein paar Dinge passiert, die völlig unakzeptabel sind», sagte er. Bisher habe er immer den offiziellen Kontrollen vertraut: «Aber ich habe jetzt gesehen, dass eine Nation wilde Dinge macht, die völlig unten durch sind. Man kann den Protest nicht einfach so wegwischen.»
ARD-Experte Sven Hannawald hatte schon vor dem Wettkampf erklärt, dass Skispringer derzeit «quasi zum Schummeln gezwungen» würden, «wenn man vorn dabei sein möchte». Nach Ansicht von Hannawald habe die FIS ihre strikten Vorschriften vom Saisonbeginn zuletzt nicht mehr durchgezogen.