Am Sonntag geht es für Simon Ammann für einmal nicht um Weitenmeter und Haltungsnoten. Diesen Sonntag will der Skisprung-Star vor allem eines: Stimmen. Simi will nämlich ab sofort auch politisch abheben. Er kandidiert für den Gemeinderat in Wildhaus-Alt St. Johann SG.
Noch ist der 39-Jährige ganz gelassen. «Ich gehe fest davon aus, dass es sich sowieso nicht am Sonntag entscheiden wird, sondern in einem zweiten Wahlgang», sagt der Toggenburger. «Das ist meistens so. Für mich ist es von daher ein bisschen ein Stimmungstest.»
Der Überflieger stösst auf Gegenwind
Ammann lässt es auf sich zukommen. Wahlkampf hat er praktisch nicht betrieben. Einerseits wegen der Corona-Pandemie. Andererseits kennt ihn ja sowieso jeder. «Die meisten Leute kennen meinen Werdegang. Für mich stimmt es darum, vorerst nicht viel mehr Infos zu geben. Um einfach mal zu schauen, ob sie mich überhaupt in dieser Aufgabe sehen.»
Denn auch wenn Ammann vierfacher Olympiasieger ist, wird die Wahl kein Selbstläufer. Nicht jeder in Ammanns alter Heimat wird ihn gerne im Amt sehen. Grund dafür sind wirtschaftliche Interessen.
Ammann ist Verwaltungsrat der Toggenburg Bergbahnen AG. Und diese liegt seit Jahren im Streit mit der Bergbahnen Wildhaus AG. Der Zoff teilt die Gemeinde, es geht dabei um Geld und Wertschätzung. Letzten Winter gedeihte der Streit so weit, dass es kein gemeinsames Ski-Ticket mehr gab und sogar Verbindungspisten gesperrt wurden.
Klar, dass nun viele glauben, der Olympia-Held will einfach an die politischen Hebel, um den Streit zu seinen Gunsten lösen zu können. Ammann, der das Thema für medial aufgebauscht hält, verneint dies. «Dieser Streit wird irgendwann vorbeigehen, meine Gedanken gehen darüber hinaus. Die Identität der Region ist das übergreifende Thema, das betrifft nicht rein die Bergbahnen», stellt Ammann klar. Doch er ist sich der Widerstände bewusst. «Ja, die Leute haben zum Teil Vorbehalte gegen mich, vor allem wegen diesem Thema.»
Neutrale Ansichten
Ammann gehts um anderes. Worum? So genau sagen kann oder will er das noch nicht. «Ich habe schon Ideen, aber ich will das noch nicht so breittreten», sagt er. Es gehe ihm darum, für die Region die Identität zu schaffen. «Wir müssen sagen, wer wir sind und was für uns im Toggenburg spricht. Und dann das in den Fokus stellen. Meine Interessen gehen die ganze Bevölkerung an, sämtliche Gruppen.» Das touristische Konzept als Ganzes stehe für ihn Mittelpunkt, um das «ungenutzte Potenzial» im Toggenburg ausnützen zu können.
Politischen Zwängen will er dabei bewusst aus dem Weg gehen. Er positioniert sich weder rechts noch links. «In der Gemeinde geht es ja grundsätzlich eher um Sachpolitik, darum trete ich auch als Parteiloser an. Ich will nicht nur auf einer Schiene reiten.»
Vorfreude auf den Schritt zurück
Für Ammann wäre es aber auch eine Herzensangelegenheit. Wenn er in den Gemeinderat einziehen könnte. Dann würde er ab dem 1. Januar 2021 wieder in seine alte Heimat ziehen. «Ich bin stark verwurzelt im Toggenburg und der Schritt zurück wird schön für mich», sagt Simi. Der Umzug ist sowieso längst angedacht. Wenn nicht jetzt, dann in ein paar Jahren.
Angst, sich zu verzetteln, hat Ammann nicht. Auch wenn er dann dreifacher Familienvater, Student, Unternehmer, Verwaltungsrat und Gemeinderat wäre – und bis 2022 auch noch Profisportler.
Ob er als Politiker irgendwann den gleichen Ehrgeiz entwickelt wie als Sportler und sich nach höheren Ämtern streckt, das bezweifelt Ammann. «Es ist eher unwahrscheinlich, dass ich politisch weiterführende Ambitionen entwickle», meint Ammann. «Aber sag niemals nie. Ich habe mich selber auch schon erstaunt mit gewissen Sachen.»