Es tut den Fans von Simon Ammann im Herzen weh. Es ist gut möglich, dass der Toggenburger in Planica (Sln) seinen letzten Weltcup-Einsatz hinter sich gebracht hat. Es wäre ein glanzloses Ende. Ammann beendet das Springen als 14 – weder Fisch noch Vogel. So wie (zu) oft in dieser Saison.
Das SRF überträgt nicht. Ammann mit einem Abgang durch die Hintertüre? Das hat der Skisprung-Held nicht verdient! Im Zielraum hat er Unterschriften der Konkurrenten gesammelt, so die Kommentatoren auf «Eurosport». Ein Zeichen, dass er abtritt?
Fix ist: Mit seinen vier Olympiasiegen hat Ammann in der Schweiz Legenden-Status erlangt. Zwei WM-Siege kommen hinzu, 23 Weltcup-Siege und ein Triumph im Gesamtweltcup. Simi hat alles erreicht, alles erlebt und alles überwunden. Selbst die Angst hat er besiegt. Und jetzt soll er so leise abtreten?
Es muss nicht sein. Denn eines hat Ammann noch immer im Kopf: den perfekten Sprung. Diesem jagt er nach. Ständig spricht der Toggenburger vom Gesamtpaket eines Sprungs, das er noch einmal hinkriegen will. Die Krux: Ammann kann noch so viele Jahre weitermachen wie er will, den perfekten Sprung wird er nicht erleben. Es gibt ihn nicht, es gibt nur Annäherungen daran.
Die Alternativen für Simon Ammann sind zahlreich. Er ist mittlerweile Hotel-Besitzer, könnte sich im «Hirschen» in Alt St. Johann SG eine Zukunft als Beizer oder Hotellier aufbauen. Er sitzt im Verwaltungsrat der Toggenburg-Bergbahnen. Er hat das Privat-Flieger-Brevet und könnte seine Zukunft in der Luft finden. Oder er engagiert sich für den Skisprung-Nachwuchs. Mit seinem Funkeln in den Augen und seiner Begeisterungsfähigkeit könnte er bei so manchem Nachwuchstalent etwas bewegen.
So oder so wird sich Ammann nicht dreinreden lassen. Auch der Abgang durch die Hintertüre würde ihn persönlich nicht vom Rücktritt abhalten. Simi braucht keine Party, kein Tamtam. Es ist deshalb gut möglich, dass er in Slowenien das letzte Mal in Aktion war. Und müsste er heute entscheiden, würde er den Bettel wohl hinwerfen.
Ein Problem wäre das nicht. Simon Ammann muss niemandem mehr etwas beweisen. Und sein ganz persönlicher Nachwuchs ist schon in den Startlöchern. Schliesslich hat er auch längst seinen Sohn Théodore (3) mit zum Training genommen und nur mal spasseshalber die richtige Anlaufposition geübt.
Ammann könnte sich ohne schlechtes Gewissen voll und ganz der Familie widmen. Théodore, Töchterchen Charlotte (1) und Ehefrau Yana hätten gewiss Freude.
Und doch sind die Chancen intakt, dass bei Ammann schon bald die Frühlingsgefühle aufkommen. Vielleicht wird er dann wieder motiviert sein, heiss auf ein weiteres Jahr – und weiterspringen. Dann gäbe es noch die Möglichkeit auf einen Abschied mit Pauken und Trompeten. Denn auch wenn es Ammann selber gar nicht unbedingt will, würde ihm genau das gebühren.
Übrigens: Der letzte Wettkampf des Winters geht an Kamil Stoch (30). Der Überflieger aus Polen erhält die Kristallkugel für den Sieg im Gesamtweltcup. Vorher wurde Stoch in Pyeongchang bereits Olympiasieger, dazu schrieb er bei der Vierschanzentournee mit Siegen in sämtlichen Springen Geschichte.