«Meinen Kindern sagt das Lernen noch nicht so viel»
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Simi ist jetzt Student:«Meinen Kindern sagt das Lernen noch nicht so viel»

Das grosse Uni-Interview mit Simon Ammann
«Jetzt muss ich etwas Richtiges anfangen»

Der vierfache Olympiasieger Simon Ammann erfindet sich wieder einmal neu. Seit Oktober studiert er Betriebswirtschaft in St. Gallen. «Ich brauche das Lernen», so der 37-Jährige.
Publiziert: 14.11.2018 um 15:15 Uhr
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Skispringer Simon Ammann studiert an der HSG Betriebswirtschaft.
Foto: EDDY RISCH
Mathias Germann

BLICK: Simon Ammann, Sie sind der prominenteste Student an der HSG. Wie häufig werden Sie von Ihren Kommilitonen angesprochen?
Simon Ammann: Immer wieder mal. Vor allem am Anfang kamen einige auf mich zu.

Stört Sie das?
Nein. Ich wollte keinen Aufruhr machen. Aber ich habe das Pech, dass mein Name auf den alphabetischen Listen weit oben steht. Da haben es viele früh bemerkt. Vielleicht hätte ich einen Nickname annehmen sollen (lacht).

Sie machen ein Assessmentjahr in Betriebswirtschaft.
Als Spitzensportler habe ich nicht das volle Pensum, sondern darf alles auf zwei Jahre aufteilen.

Wie anstrengend war es bislang?
Solange alles neu ist, ist die 
Frische da. Aber das Studium war einschneidend für meinen Alltag. Gerade zu Beginn habe ich 60 bis 90 Stunden für die wissenschaftlichen Semester­arbeiten investiert. Und daneben habe ich drei andere Fächer, die ich auch meistern muss. Im Januar folgen dann die ersten Prüfungen. Ich muss nicht alle auf einmal schreiben, aber mit dem Sport bin ich trotzdem voll ausgelastet.

Warum tun Sie sich das an?
Als Skispringer ist es jedes Mal 
eine Kunst, die mentale Ebene so auszulegen, dass sie immer wieder die sportliche Leistung beflügelt. Ich habe ja die Piloten-Ausbildung gemacht. Aber die Fliegerei bleibt ein Hobby. Im Sommer habe ich mir deshalb gesagt: Jetzt musst du etwas Richtiges anfangen! Nach Olympia 2018, das lange ein grosses Ziel war, ist Platz in mir frei geworden. Diesen wollte ich wieder ausfüllen. Ich habe gemerkt, dass ich einen Ausbruch aus dem Alltag brauchte.

Sie sind auch Hotelbesitzer, im Verwaltungsrat der Toggenburger Bergbahnen und haben eine Sportagentur. Holen Sie mit dem Studium Grundlagen für diese Tätigkeiten nach?
Das Studium ist sehr bereichernd und wertvoll. Ich kann es mit meiner Karriere vergleichen. Ich kam als 10-Jähriger 
zum Sport und musste später das Training dazu lernen, um wirklich gut zu werden. Später hatte ich schon als Sportler die wunderbare Gelegenheit, einige Schritte in der Wirtschaft 
zu machen. Vieles, was Sie ansprechen, sind Projekte in der Umsetzung. Wobei auch nicht alles so schnell geht. Das Hotel beispielsweise ist noch nicht eröffnet.

Von aussen könnte man trotzdem den Eindruck bekommen: Der Ammann verzettelt sich!
Vielleicht ist es zu anspruchsvoll, alles zu kombinieren. Aber das Lernen hatte in meiner Karriere schon immer seinen Platz. Das ist ein Teil von mir. Gegen aussen mag das wirr oder seltsam erscheinen – aber für mich ist es ein ganz wesentlicher Teil der Konzentration. Daraus ziehe ich auch Ruhe. Das brauche ich.

Lassen Sie Ihre zwei Kinder überhaupt in Ruhe lernen?
Nicht wirklich (lacht). Hinter meinem Bürostuhl hats ein Sofa, auf dem sie gerne rumklettern. Da muss ich sie ab und zu rausschicken, um mich konzentrieren zu können.

Themawechsel. War der Ski-Wechsel von Fischer zu Slatnar kompliziert?
Die Aufgabe war gross, denn das ist eine grosse Umstellung. Aber ich habe auch gemerkt: Man kann sich auch zu viele Gedanken machen. Es war also gut, im September loslassen zu können. Ich bin mit dem Material sehr zufrieden. Nun folgt der Wechsel auf den Schnee – das ist immer speziell. Aber die Vorzeichen stimmen.

Was streben Sie an?
Ich habe mich im letzten Jahr wieder herangekämpft. Nun will ich ständige Top-10-Plätze.

Ihr Assessment-Studium ist 
auf zwei Jahre aufgeteilt. Da liegt nahe, dass Sie mindestens bis 2020 weiterspringen ...
Ich weiss nicht, ob das jetzt schon ein grosses Thema sein soll (schmunzelt).

Aber Sie verstehen, dass es die Menschen interessiert?
Alles ist möglich. Aber ich bin ehrlich: Es ist momentan schwer vorstellbar, nach dieser Saison noch weiterzumachen. Früher war Olympia ein grosser Treiber. Der ist weg. Und Peking 2022 ist kein Ziel.

Also keine siebten Olympischen Spiele?
Es ist an der Zeit, dass wieder einmal ein Land Olympia ausrichtet, das olympische Winterstimmung bieten kann. In Südkorea hatten wir am Wettkampftag fast keine Zuschauer. Bei anderen Sportarten war es nicht besser – da kann man Dario Cologna fragen. Es ist kein wahnsinniger Reiz, in Peking dabei zu sein.

Man spürt aber trotzdem Ihre Vorfreude auf den Winter!
Ich reisse immer noch die Arme nach oben, wenn ich gut springe. Manchmal ist das etwas vorgegriffen, wenn viele andere danach weiter springen. Aber die Leute mögen mich dafür. Solange ich diese Freude spüre, habe ich auch das Gefühl: Ich bin am richtigen Platz.

Simon Ammann persönlich

Am kommenden Freitag 
startet Simon Ammann (37) im polnischen Wisla in seine 
22. Weltcup-Saison. «Wenn der Schnee denn hält», so 
der Toggenburger aus Gams lachend. Was er meint: Die Temperaturen sind für die Jahreszeit zu hoch. Beweisen muss Ammann aber so oder so niemandem was: Er ist vierfacher Olympiasieger 
(je zweimal in Salt Lake City 2002 und Vancouver 2010), dazu Weltmeister (2007 in Sapporo). Hinzu kommt 
ein WM-Titel im Skifliegen (2010 in Planica). Ammann hat längst einen Platz in den Geschichtsbüchern des Skispringens. Vor acht Jahren heiratete er seine langjährige Freundin Yana (33). Die beiden haben zwei Kinder: Sohn 
Théodore (4) und Tochter Charlotte (22 Monate).

Am kommenden Freitag 
startet Simon Ammann (37) im polnischen Wisla in seine 
22. Weltcup-Saison. «Wenn der Schnee denn hält», so 
der Toggenburger aus Gams lachend. Was er meint: Die Temperaturen sind für die Jahreszeit zu hoch. Beweisen muss Ammann aber so oder so niemandem was: Er ist vierfacher Olympiasieger 
(je zweimal in Salt Lake City 2002 und Vancouver 2010), dazu Weltmeister (2007 in Sapporo). Hinzu kommt 
ein WM-Titel im Skifliegen (2010 in Planica). Ammann hat längst einen Platz in den Geschichtsbüchern des Skispringens. Vor acht Jahren heiratete er seine langjährige Freundin Yana (33). Die beiden haben zwei Kinder: Sohn 
Théodore (4) und Tochter Charlotte (22 Monate).

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