Skiakrobatik-Weltmeister Noé Roth
«Habe die falsche Sportart gewählt, um reich zu werden»

Salti, Schrauben, Kapriolen. Skiakrobatik-Weltmeister Noé Roth macht Dinge, die für die meisten Menschen unvorstellbar sind. Und er will noch mehr Gold – an der Heim-WM 2025 und an Olympia 2026.
Publiziert: 05.12.2024 um 18:03 Uhr
Herr der Lüfte: Noé Roth hat schon in jungen Jahren viel gewonnen.
Foto: Joan Minder

Auf einen Blick

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Thomas Renggli
Thomas Renggli
Schweizer Illustrierte

Wenn Noé Roth (23) erzählt, wie er 2023 in Georgien den WM-Titel im Springen der Skiakrobaten (Aerials) gewonnen hat, muss er den meisten Zuhörern zuerst ein paar grundsätzliche Fragen beantworten. Schon wenn er sage, dass er von Beruf Skiakrobat sei, ernte er in der Regel staunende Blicke: «Viele denken zwar, dass sie den Sport kennen, aber meistens haben sie nur eine vage Ahnung, was er bedeutet.»

Zur Erklärung: Der Sprung, der Roth Gold einbrachte, ist ein dreifacher Rückwärtssalto mit vier Schrauben. Damit ist die Grenze des Machbaren (fast) erreicht. Die vierte Schraube hat auch Roth im Repertoire, der Vierfachsalto ist reglementarisch aber verboten. Zu gefährlich! Spricht Noé Roth über seinen Sport, funkelt die Leidenschaft in seinen Augen: «Es ist schon ein cooles Gefühl, derartige Sprünge zu zeigen.» Auf die Frage, wie er in der Luft die Orientierung behalte, antwortet er: «Ich richte mich an dem Punkt aus, an dem ich landen möchte. Aber vieles ist auch Gefühlssache – es sind Automatismen.» Man trainiere die Sprünge so oft, dass man sie regelrecht verinnerliche.

Artikel aus der «Schweizer Illustrierten»

Dieser Artikel wurde erstmals in der «Schweizer Illustrierten» publiziert. Blick+ Nutzer haben exklusiv Zugriff im Rahmen ihres Abonnements. Weitere spannende Artikel findest du auf www.schweizer-illustrierte.ch.

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Noé Roth ist erst 23 Jahre alt, aber er hat zwei der wichtigsten Titel bereits gewonnen: WM-Gold und den Gesamtweltcup im Springen. Welchen er höher einschätze, sei schwierig zu sagen: «Der Weltcup ist das Zeugnis für die Konstanz einer ganzen Saison – und der WM-Titel der Beweis, dass ich am Tag X meine beste Leistung gezeigt habe.»

Flieg, Noé, flieg!
Foto: Joan Minder

Dass Roth zur Skiakrobatik gekommen ist, folgt einer gewissen «pränatalen Logik»: Seine Mutter Colette Roth-Brand gewann – unter ihrem Mädchennamen – an den Olympischen Winterspielen 1998 in Nagano Bronze im Springen, sein Vater ist der renommierte Trainer Michel Roth. So gibt Noé lächelnd zu, dass er von seinen Eltern vermutlich etwas mitbekommen habe. Begonnen hatte er sportlich mit Kunstturnen: «Aber irgendwann verleidete es mir. Und es war für mich immer klar, dass ich es früher oder später mit Aerials versuche.»

Gesagt, Getan

Roth begann zwar eine KV-Lehre. Doch nach einem Jahr entschied er sich, vorerst ganz auf den Sport zu setzen. Seither lebt er als Profi. Auf die Frage, ob er sich finanzieren könne, sagt er: «Das hängt von den Preisgeldern ab – und natürlich von den Sponsoren. Eine wichtige Basis bilden auch die Beiträge der Sporthilfe.» Roth ist insofern in einer privilegierten Situation, als er mit Red Bull auf einen prominenten Werbepartner zählen kann. Dass er dadurch im permanenten Geldregen stehe, sei aber ein Trugschluss: «Wenn ich ein gutes Jahr habe, kann ich vom Sport leben. Aber reich wird man mit der Skiakrobatik nicht. Dafür habe ich die falsche Sportart gewählt.»

Den Höhepunkt ihrer Popularität erreichte die Skidisziplin 1994. Damals gewann der Zürcher Andreas «Sonny» Schönbächler in Lillehammer Olympiagold und sprang mit seiner offenen und eloquenten Art in die Herzen der Öffentlichkeit. In jenen Jahren galten die Skiakrobaten als die «jungen Wilden» des Wintersports. Mittlerweile haben ihnen die Snowboarder und Freeskier den Rang abgelaufen. Es ist eine Tendenz, die auch Noé Roth spürt: «Vermutlich geht uns dadurch im Nachwuchsbereich das eine oder andere Talent verloren.» Doch sich gross den Kopf darüber zerbrechen mag er nicht, dafür sei sein Sport zu cool und zu anspruchsvoll.

Und die nächsten Grossanlässe liegen schon fast in Griffnähe: im kommenden März die Freestyle-WM im Engadin und ein Jahr später die Winterspiele in Cortina d’Ampezzo. Für Noé Roth sind es die perfekten Gelegenheiten, seinen Palmarès weiter zu komplettieren. Vor allem mit Olympia hat er noch eine kleine Rechnung offen, landete er in Peking doch zweimal auf dem vierten Platz. Sollte es 2026 auch nicht reichen, hätte er vier Jahre später nochmals eine Chance. Denn für Noé Roth spricht vieles: seine bemerkenswerte Erfahrung, das optimale Umfeld und dass er selbst dann die Orientierung nicht verliert, wenn sich Normalsterbliche schon beim Zuschauen fühlen, als wären sie auf einer Achterbahn.

Vollgepackt mit guten Ski-Storys: Das SI-Spezialheft zur Saison 2024 ist der aktuellen Ausgabe der Schweizer Illustrierten beigelegt.
Foto: zVg
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