Magerwahn beim Skispringen
Simi muss futtern – andere hungern

Frauen beneiden unser Skisprung-Ass Simon Ammann. Er kann essen, was er will – und nimmt nicht zu.
Publiziert: 31.12.2009 um 09:35 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:36 Uhr
Von Hans-Peter Hildbrand

Simon Ammann ist kein «Körnlipicker». Er liebt die asiatische Küche. «Ich koche selbst, bin ein Spezialist mit dem Wok», sagt er stolz. Einer Bratwurst, einem Fondue, einem Raclette kann er nicht widerstehen.

«Ich bin halt zum Skispringen geboren», scherzt Simi. «Ich bin klein und habe einen starken Verbrennungsmotor.»

Andere Skispringer sind genetisch weniger privilegiert. Die glauben, allein beim Hingucken dicker zu werden. So zählt etwa Thomas Morgenstern (Ö) am Buffet die Salatblätter, die er auf seinen Teller legt.

Hungern ist auch heuer wieder ein Thema an der Vierschanzentournee. Die Deutschen lancieren die Debatte über die «Hunger-Buben» neu. Aber auch diese kann die physikalischen Gesetze leider nicht ausser Kraft setzen: Leicht fliegt nun mal leichter!

Schon vor zehn Jahren schockten die Urlaubfotos des brandmageren Sven Hannawald (De). Der fünfmalige Tournee-Sieger Janne Ahonen schreibt in seiner Biografie «Königsadler»: «Es waren so viele Fettspeicher vorhanden wie bei einem hungernden Menschen in Afrika, dem der Tod bevorsteht.»

Der Internationale Skiverband Fis reagierte 2004. Beim Wiegen, das sowohl nach der Qualifikation als auch nach dem ersten Wertungsdurchgang durchgeführt wird, darf der Springer in Anzug und mit Schuhen den Body-Mass-Index (BMI) von 20 nicht unterschreiten. Zum Vergleich: Die Weltgesundheitsorganisation taxiert 18,5 (das sind 60 Kilogramm bei 1,80 Metern) als leistungsminderndes Untergewicht.

Die BMI-Regel schreibt vor, dass disqualifiziert wird, wer zu leicht ist. Beim nächsten Wettkampf muss der Athlet mit kürzeren Ski antreten: Pro halbem Punkt unter 20 wird die maximal zulässige Skilänge (146 Prozent der Körpergrösse) um zwei Prozent gekürzt.

Untersuchungen zeigen, dass ein Kilo weniger an Gewicht bei einer Sprungweite von 120 Metern einen Gewinn von 1,25 Metern bringt. Der gleiche Effekt tritt bei einem um 3,4 Zentimeter längeren Ski ein.

Simon Ammann (1,72 m/damals 57 kg) hat seit 2004 mühsam 4,5 Kilo zugelegt. Er springt weiterhin mit 2,52 m langen Latten, seiner Maximallänge.

Nächste Saison wird die Fis den BMI einen halben Punkt höher ansetzen, die zulässige Skilänge aber von 146 auf 143 Prozent der Körpergrösse reduzieren.

Heisst für Simi: Seine Ski werden um 5 Zentimeter kürzer, und er muss weiter futtern, damit er ein Kilo mehr Masse auf die Waage bringt. Wir wünschen schon jetzt «en Guete».

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