Die Nordische Ski-WM in Seefeld wird von einem heftigen Doping-Erdbeben erschüttert. Das österreichische Bundeskriminalamt BK und die Staatsanwaltschaft München haben eigenen Angaben zufolge ein international agierendes Dopingnetzwerk zerschlagen. Bei zeitgleichen Razzien in Seefeld und in Deutschland gab es neun Festnahmen, 16 Hausdurchsuchungen und ein auf frischer Tat ertappter Skilangläufer.
Im Mittelpunkt dieser «Operation Aderlass» soll ein in Erfurt ansässiger Sportmediziner stehen. Gemäss «Krone» soll es sich dabei um den ehemaligen Mannschaftsarzt des Radteams Gerolsteiner handeln. Die Gruppierung um den Arzt soll seit Jahren Blutdoping an Spitzensportlern durchgeführt haben, heisst es in einer Mitteilung des BK. Das Ziel sei es, illegale Einkünfte zu generieren.
Ermittlungen laufen seit Monaten
Die Ermittlungen laufen schon seit mehreren Monaten. Der konkrete Vorwurf: Verdacht des gewerbsmässigen Sportbetruges sowie der Anwendung von unerlaubten Wirkstoffen und Methoden zu Dopingzwecken.
Rund zwei Stunden vor dem Start des 15-km-Langlauf-Rennens der Männer wird bekannt, dass Razzien durchgeführt wurden. Im WM-Ort werden zwei Mitglieder der Gruppe sowie fünf Sportler festgenommen. Dazu kommen in Deutschland der besagte Sportmediziner und ein Komplize. Bei den Sportlern handele es sich um zwei Österreicher, zwei Esten und einen Kasachen. Die Namen von Dominik Baldauf und Max Hauke sind mittlerweile bestätigt. Neben den beiden Österreichern haben Andreas Veerpalu, Karel Tammjarv (beide Est) beim Rennen gefehlt – und mit Alexei Poltoranin (Kas) ein Star der Szene und Medaillenkandidat.
Ein Österreicher auf frischer Tat erwischt
Einer der österreichischen Läufer wird sogar auf frischer Tat beim Blutdoping erwischt. Er wird noch mit einer Bluttransfusion im Arm angetroffen und festgenommen. Das bestätigte das österreichische Bundeskriminalamt.
Schweizer Athleten sind nicht betroffen. «Die Informationen über die Doping-Razzien in Hotels und Festnahmen rund um die Nordische WM in Seefeld haben uns völlig überrascht und geschockt», heisst es in einem Statement. «Wir nehmen diese Entwicklung zur Kenntnis und versuchen, laufend an neue Informationen zu kommen. Das Einzige, was wir zum Thema sagen können, ist, dass bei uns im Hotel keine Razzia gemacht wurde und nach unseren Informationen auch kein Mitglied der Schweizer Delegation involviert ist. Leider können wir zur Zeit keine weiterführenden Informationen geben.»
Österreichischer Kollege geschockt: «Das sind zwei Scheisskerle!»
Dem Österreicher Luis Stadlober platzt der Kragen. «Das sind einfach so zwei Scheisskerle, dass die das gemacht haben», sagt der Bruder der Medaillenhoffnung Teresa. Er habe im Zimmer gegenüber von Hauke und Baldauf TV geschaut, als er plötzlich gehört habe, dass das BK im Haus war. «Es ist das schlimmste, was passieren kann für den österreichischen Langlauf. Wir haben schon so viel durchgemacht und jetzt das zu Hause.»
Die Ermittlungen wurden durch die Angaben des österreichischen Langläufers Johannes Dürr in der ARD-Sendung «Die Gier nach Gold - Der Weg in die Dopingfalle» vom 17. Januar dieses Jahres ausgelöst. Daraufhin wurde ein Ermittlungsverfahrens gegen Unbekannt eingeleitet, dieses sei nun in ein Ermittlungsverfahren gegen konkrete Beschuldigte übergegangen.