Langläuferin Von Siebenthal ist Bäuerin
«Nehmt mich als Sportlerin wahr»

Heute gehört Nathalie von Siebenthal im Klassisch-10er nicht zu den Favoritinnen. Am Samstag im Skating-30er schon. Doch vorher spricht sie über ihr Leben auf dem Bauernhof, ihre Medaillenchancen und die Haue von den norwegischen Medien.
Publiziert: 28.02.2017 um 10:15 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:55 Uhr
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«Für eine Medaille müsste alles super zusammenpassen und eine Portion Glück müsste dabei sein», sagt Nathalie von Siebenthal.
Foto: KEY
Stefan Meier aus Lahti

Nathalie von Siebenthal, vor zwei Jahren war WM-Rang 6 eine Sensation, nun sind Sie als Vierte noch besser. Welches Resultat ist schöner?
Vor zwei Jahren war es ein komplett anderes Rennen. Das war total überraschend und ein Geschenk mit dem einsetzende Schneefall. Jetzt habe ich darauf gehofft. Ich habe hart dafür gearbeitet und es geschafft.

Wie damals durften Sie in Lahti an der Medaillenfeiern teilnehmen. Wie wars?
Es war sehr schön. Das Gefühl war nicht vergleichbar mit Falun. Jetzt war es eine Freude und auch Erleichterung, mein Ziel bereits im ersten Rennen erreicht zu haben. In Falun war es eine riesige Überraschung.

Sie sagten immer, dass sie Medaillen gewinnen wollen. Sind Sie denn schon so weit?
Ich denke, für eine Medaille müsste alles super zusammenpassen und eine Portion Glück müsste dabei sein.

Kanns am Samstag im 30er klappen?
Ich werde mit Kopf laufen, nichts überstürzen und hoffe, so lange wie möglich vorne mitzulaufen. Bei einem Angriff versuche ich mitzugehen. Ich denke, dass Platz eins und zwei für Björgen und Pärmäkoski reserviert sind. Kalla wird sicher auch ein Wort um die Medaillen mitreden. Es gibt noch viele weitere Kandidatinnen, wie zum Beispiel die Deutschen und natürlich die Norwegerinnen, welche ganz vorne mitlaufen werden. Ich wäre mit einem Platz in den Top 10 sehr zufrieden.

Aber Sie haben wieder einen grossen Schritt in Richtung Weltspitze gemacht. Wie jedes Jahr.
Ja, es macht sehr viel Freude, dass es jedes Jahr so aufgeht. Anfangs Saison nach Kuusamo und Lillehammer hatte ich Angst, dass ich stagniere. Aber ich war einfach noch nicht in Form.

Und jetzt wird überall wieder die Geschichte von der Bäuerin erzählt. Vom Training auf dem Bauernhof. Stört es Sie?
Es war am Anfang sehr speziell. Alle hatten immer Riesenfreude. Es gehört immer noch zu mir, ganz klar. Aber wenn jetzt noch Journalisten kommen, nervt es mich langsam. Ich habe diese Seite meines Lebens zur Genüge gezeigt. Sie kennen mich. Wissen, was ich mache. Von mir aus gesehen könnte man sich nun auf den Sport fokussieren.

Sie mussten diese Saison mehr auf den Langlauf setzen und bei der Arbeit auf dem Hof etwas rausnehmen. Viel das schwer?
Jetzt nicht mehr so. Ich sehe halt, wie nahe ich dran bin an der Weltspitze. Ich will den Langlauf nicht vernachlässigen für meinen Beruf. Dem kann ich nachher noch das ganze Leben nachgehen. Langlaufen kann ich irgendwann nicht mehr. Ich bin jetzt einfach noch morgens und abends im Stall. Und nicht einmal das immer. Ich habe ja auch mehr Verpflichtungen als früher. Aber wenn ich Zeit habe und daheim bin, mache ich es immer noch gerne.

In Lahti ist ein ganz kleiner Teil Ihres Fanclubs dabei. Wie erleben Sie das?
Der Fanclub entstand recht schnell nach meine Gold an der U23-WM in Almaty. Es kommt ab und zu jemand, der mir gratuliert und Freude hat. Das gefällt mir. Die Leute schätzen meine Leistungen. Ich kann ihnen eine Freude machen, das finde ich cool.

Es ging ja schnell. Da war das Gold in Almaty und die Tränen in Falun. Und plötzlich kannte jeder Nathalie von Siebenthal. Was hat sich verändert?
Ich bin dadurch offener geworden für andere Leute. Ich war früher sehr schüchtern, verschlossen. Es war eine Lebensschule für mich. Man erkennt mich nun, auch wenn ich nicht mit den Langlaufski unterwegs bin. Das ist schon manchmal lustig, da merke ich, dass meine Leistungen verfolgt werden. Aber das ist das Einzige, was in den zwei Jahren verändert hat.

Es hat auch Schattenseiten. Sie äusserten sich Anfang Saison zum Fall Johaug und wurden deshalb in Norwegen angegriffen.
Es hat mich vor allem gestört, wie sie reagiert haben. Das war krass. Das war mir eine Lehre, in Zukunft werde ich mich nicht mehr äussern. Ich finde solche Reaktionen schade. Das ist unberechtigt. Aber schliesslich sagte ich mir einfach: «Wenns euch gut tut, dann macht halt.»

Es gibt diese Bilder von Ihnen, wie Sie im Stall trainieren. Entspricht das noch der Realität?
Ich habe mittlerweile einen Kraftraum in Gstaad, wo ich trainieren gehe. Nur ab und zu bin ich noch auf der Deli, also dem Heuboden. Dort habe ich meine paar Geräte. Aber ich brauche nun einen gut ausgestatteten Kraftraum, weil ich mehr Übungen machen muss, auch neue Übungen.

Kamen Sie an den Punkt, wo sie sagten: Es muss jetzt professioneller werden, sonst komme ich nicht vorwärts?
Ja, das war diesen Sommer. Wir haben das Training erhöht, aber manchmal habe ich dann doch noch verzichtet. Krass war es dann Anfang Saison. Da dachte ich: «Mist, jetzt habe ich doch viel zu wenig gemacht. Jetzt hab ichs verbockt.» Seit Anfang Saison bin ich deshalb noch konsequenter.

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