So fand Laurien van der Graaff zurück ins Glück
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Ein Jahr nach Zusammenbruch:So fand Laurien van der Graaff zurück ins Glück

Ein Jahr nach totalem Zusammenbruch
So fand Laurien van der Graaff zurück ins Glück

Im letzten Frühling stürzte Laurien van der Graaff ab. Kopf und Körper konnten nicht mehr. «Eine Überbelastung von allem», sagt sie. Jetzt kann sie wieder lachen, steckt voller Energie und setzt ihre Karriere fort.
Publiziert: 04.05.2020 um 13:13 Uhr
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Aktualisiert: 08.04.2021 um 14:58 Uhr
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Laurien van der Graaff kann wieder strahlen. Mit diesem Bild verkündet die Langläuferin, dass sie ihre Karriere fortsetzt.
Foto: Instagram
Stefan Meier

Laurien van der Graaff strahlt richtiggehend in die Kamera. Der Bikini-Schnappschuss, den sie auf Instagram teilt, sagt vieles über sie aus. Man merkt, dass die Davoserin wieder im Reinen mit sich ist. Wieder strotzt vor Energie. Und mit der Bildunterschrift sagt sie noch mehr aus. «Neue Saison voraus», steht da. Die 32-Jährige kündigt an, noch ein Jahr anzuhängen.

Vor einem Jahr war sie davon weit entfernt. Van der Graaff war am Boden. Die gebürtige Holländerin konnte nach der Saison im Frühling nicht einmal mehr 20 Minuten spazieren gehen. Sie sprach von einem «totalen Shutdown». «Mein System ist zusammengebrochen», meinte sie.

Freude wieder gefunden

Erst nach Monaten voller Zweifel entschied sie sich damals, ihre Karriere zu verlängern. «Die Entscheidung fiel mir definitiv viel einfacher als letztes Jahr», sagt Van der Graaff nun zu BLICK. «Aber ich hatte wirklich Freude letzte Saison. Und da dachte ich, wenn es so schön war, mache ich sicher noch ein Jahr.»

Die dunklen Momente scheinen weit weg zu sein. Die strahlende Laurien hat das Zepter wieder in der Hand. Doch die schwierige Zeit ist nicht spurlos an ihr vorbei gegangen.

Burnout? «Es war eine Überbelastung»

Von einem Burnout will sie nicht sprechen. Zu negativ behaftet sei dieser Begriff für sie. «Es war eine Überbelastung von allem. Nebst der körperlichen Müdigkeit vom zu vielen Training kam einfach auch diese emotionale Müdigkeit hinzu. Ich war so bemüht, den Schein aufrecht zu erhalten, stets zu zeigen, dass es mir gut geht und ich alles im Griff habe. Das hat enorm viel Energie gekostet», erinnert sich Van der Graaff. «Ab dem Moment, wo ich das losgelassen habe, war ich in einer Emotionslosigkeit. Ich war zu müde für alles. Ich kann mich an vieles dieser Phase gar nicht erinnern, da war alles gleich.»

Professionelle Hilfe holte sie sich damals nicht. Sie sprach aber vermehrt mit ihrem Umfeld. «Darüber zu sprechen, ist mir sehr schwer gefallen und fällt es immer noch. Aber ich habe gemerkt, dass es gut tut», sagt die Langläuferin.

Sie hat aus der Situation ihre Lehren gezogen. «Ich hatte es verbockt gehabt», stellt sie klar. Aber es sie habe sich immer gesagt, dass sie wenigstens etwas aus dem Absturz lernen muss. «Sonst wäre alles für nichts gewesen.»

Laurien macht die Dinge nun anders

Van der Graaff hat sich vorgenommen, die Dinge anders zu machen. Nicht nur im Sport, auch sonst im Leben. «Ich habe früher immer das Gefühl gehabt, dass ich gleich sofort ans nächste denken muss. Manchmal noch während ich eine Sache noch nicht zu Ende gebracht habe», sagt sie. Diese Denkweise habe sie abgestellt. Und sie hört nun wieder zu. «Ich habe oft nicht richtig zugehört, weil ich im Kopf so mit mir selber beschäftigt war.» Jedoch könne sie von jeder Person etwas lernen. «Ich war nicht offen für Inputs. Das fällt mir jetzt wieder einfacher und es ist auch viel schöner, das Umfeld so wahrzunehmen.»

Der letzte Winter fiel ihr so um einiges leichter. Sie hat es geschafft, nicht mehr die Getriebene zu sein, nahm Woche für Woche und lebte im Augenblick. «Ich bin gerne weggegangen, bin wieder gerne gereist. Ich habe den ganzen Lifestyle als Sportlerin wieder gerne gehabt.»

Das Training bereitete ihr wieder Freude und jeder Wettkampf war ein schönes Erlebnis. «Es ist mir einfach alles leichter gefallen. Weil ich frisch im Kopf war. Ich habe die Lockerheit und die Freude wieder gefunden.»

«Will nicht wieder dort landen»

Das Gefühl der gesamten Saison hat sie nun dazu bewogen, noch mindestens ein Jahr anzuhängen. Hinzu kommt, dass auch die Resultate gut waren. Mit Nadine Fähndrich zusammen stand sie zweimal sogar auf dem Podest im Teamsprint. Das gibt auch Perspektive.

Es scheint, als sei der Absturz vor einem Jahr bereits ganz weit weg. Doch der Eindruck täuscht. Jetzt im Frühling, denkt Van der Graaff oft ein Jahr zurück und vergleicht die Situationen. Und sie ist bemüht, nicht wieder in gleiche Muster zu verfallen und zu viel zu wollen im Training.

«Ich muss die Balance finden, damit ich nicht wieder dort lande», weiss Van der Graaff aber mittlerweile. Sie ist sich darum sicher, dass ihr das nicht wieder passiert. Laurien will das Glück fest im Griff halten.

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