So quälte sich Bernhard Russi durch Schweden
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«Das war das Verrückteste»:So quälte sich Bernhard Russi durch Schweden

«Das Verrückteste, was ich je getan habe»
So quälte sich Bernhard Russi durch Schweden

Bernhard Russi (71) meistert in Schweden die härtesten 90 Kilometer seines Lebens in heroischer Manier!
Publiziert: 02.03.2020 um 19:43 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2021 um 15:02 Uhr
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Bernhard Russi kämpft sich mit den Langlauf-Ski durch die 90 Kilometer des Wasalauf.
Foto: NISSE SCHMIDT
Marcel W. Perren

Nein, das sieht nicht nach einem glücklichen Ende dieser Geschichte aus. Bernhard Russis Schmerzen werden mit jedem Stockstoss stärker. Aber der Reihe nach. Weil ihm Schwedens Slalomkönig Ingemar Stenmark (63) anlässlich der letzten WM in Are erzählt, dass er den 90 Kilometer langen Wasalauf in weniger als sechs Stunden bewältigt hat, beginnt auch der Abfahrts-Olympiasieger von 1972 für den grössten Volkslanglauf zu trainieren. Mit 71 Lenzen.

Doch in der Vorbereitung auf dieses Abenteuer in der Heimat seiner schwedischen Frau Mari läuft sehr viel schief. Anfang Februar verletzt sich der Urner am Fuss. Weil er Angst hat, dass ihm der Arzt eine Trainingspause verordnet, lässt Russi keine ordentliche Untersuchung zu. Die Schwellung am Fuss entwickelt sich dann zwar immer mehr zurück, dafür bereitet Russi ab dem 23. Februar nach einem Sturz beim Gommerlauf die stark geschwollene Hand grösste Schwierigkeiten. Aber auch in diesem Fall verzichtet der Mann, der in seiner Rennfahrer-Karriere zehn Weltcuprennen gewonnen hat, auf den Gang in die medizinische Abteilung. «Ich bin 1970 mit einer verletzten Hand Abfahrts-Weltmeister geworden, deshalb wollte ich meinen Plan auch in diesem Fall durchziehen.»

Russi sorgt sich um Aufgabe

Dann ist es tatsächlich so weit: Russi steht am Sonntagmorgen gemeinsam mit seinem Sohn Ian (40), dem ehemaligen Weltcup-Langläufer Jürg Capol (54) und 13'497 weiteren Teilnehmern am Start in Sälen. Aber der Andermatter merkt bereits nach wenigen Metern, dass die nächsten Stunden brutal hart werden. «Weil es über Nacht zehn Zentimeter Neuschnee gab, verwandelte sich die am Vortag perfekt präparierte Schneespur in eine Pampe, die sich unter meine Ski wie Mehl anfühlte.» Russi muss deshalb seinen Junior bereits nach drei Kilometern im ersten Anstieg ziehen lassen. Dafür bleibt Jürg Capol bei unserem Skiheiligen und spendet ihm Windschatten. Und während ein paar flachen Kilometern kann Russi den Wettkampf sogar ein bisschen geniessen. «Die Landschaft ist traumhaft schön und die Stimmung sensationell.»

Doch spätestens bei der Rennhälfte wird das Rennen für Russi zur reinen Qual. Die Schmerzen an der lädierten Hand werden stärker. «Ich machte mir Sorgen, dass ich den Wettkampf aufgeben muss. Meine Stockstösse waren nicht mehr synchron.» Schrittmacher Capol versucht seinen prominenten Hintermann zu stärken, in dem er an einem Verpflegungsstand Blaubeersuppe ordert. Doch Russi winkt ab: «Meine Frau hat mir diese schwedische Spezialität in den letzten Wochen täglich zum Frühstück serviert, ich habe genug davon.»

Doch der grosse Kämpfer aus der Zentralschweiz rafft sich auch ohne zusätzliche Blaubeeren auf. 30 Kilometer vor dem Ziel versprüht er wieder viel mehr Zuversicht. Er sagt sich: «Irgendwie habe ich mich mit meinen Schmerzen angefreundet. Und jetzt ist es ja sowieso nicht mehr so weit bis ins Ziel.»

Langlauf-Karriere noch nicht beendet

Und tatsächlich: Nach 9 Stunden, 29 Minuten und 28 Sekunden trifft Russi mit Capol in diesem Ziel in Mora ein. Auf die Bestzeit des Schweden Petter Eliassen verliert er fünf Stunden und vier Minuten. Der erste Lohn für Russi ist eine herzliche Umarmung von seinem Ian, der bereits nach acht Stunden und sechs Minuten eingelaufen ist. Der Altmeister strahlt wie vor fünfzig Jahren nach seiner sensationellen WM-Goldfahrt in Val Gardena:

«Nach meiner Abfahrtskarriere bin ich 1982 bei der Wüsten-Rallye Paris–Dakar gestartet. Aber dieser Vasaloppet war definitiv das Verrückteste, was ich in meinem Leben gemacht habe. Entsprechend glücklich bin ich nach dieser Zielankunft.»

Und das Ende seiner Langlaufkarriere will Russi aber auch fünf Monate vor seinem 72. Geburtstag nicht verkünden: «Es ist denkbar, dass ich in Zukunft noch andere grosse Volksläufe bestreiten werden.» Bis zur nächsten Trainings-Session will Bernhard Russi aber das schwerverdiente Happy End seines ersten Wasa-Kapitel auskosten.

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