«Wir lebten unsere Liebe versteckt»
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Diskussionsrunde:So ist das Leben als lesbische Spitzensportlerin

Ex-Bobfahrerinnen Katharina Sutter und Sabina Hafner
«Wir lebten unsere Liebe versteckt»

Katharina Sutter (51) und Sabina Hafner (35) über die Angst, Sponsoren zu verlieren und ihr erstes, ernüchterndes Treffen.
Publiziert: 15.04.2020 um 10:04 Uhr
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«Die Liebe hatte in meinem Leben lange keinen Platz», sagt Sutter.
Foto: Lilian Salathe, liliansalathe.ch

Katharina Sutter

«Seit Silvester 2004 sind Sabina und ich ein Paar. Mit Sabina ging ich meine erste Frauenbeziehung ein – meine allererste richtige Beziehung überhaupt. Die Liebe hatte in meinem Leben lange keinen Platz. Sport war mein Leben.

Sabina verknallte sich sofort in mich, als wir 2003 angefangen haben, zusammen Bob zu fahren. Sie war offensiv, suchte meine Nähe. Manchmal kam sie mir näher, als mir lieb war. Ich war damit überfordert: Einerseits wollte ich ihre Nähe zulassen, andererseits wehrte sich mein Kopf dagegen. Doch dann war das Herz stärker als der Kopf.

Wir führten ein halbes Jahr lang eine Beziehung, dann begann ich erneut zu zweifeln. Bin ich nicht zu alt für sie? Sind 16 Jahre Altersunterschied nicht zu viel? Liebe ich Sabina? Bin ich wirklich lesbisch? Wenn ja, möchte ich es ausleben, oder kämpfe ich dagegen an? Es begann eine schwierige Zeit für uns beide, vor allem aber für Sabina, die fast verzweifelte wegen meiner Unsicherheiten. Ich haderte mit mir selbst und fürchtete mich auch vor den Reaktionen in meinem privaten und sportlichen Umfeld. Warum ich mich dennoch auf die lesbische Liebe und auf Sabina eingelassen habe, weiss ich nicht mehr genau. Es hatte sicher damit zu tun, dass ich auf etwas so Schönes nicht verzichten wollte.

Negative Reaktionen blieben aus

Im Bob haben wir unsere Liebe verheimlicht. Im Verband gab es einige konservative, traditionell eingestellte Leute. Wir hatten Angst, dass das Lesbischsein zum Karrierekiller werden könnte. Vielleicht unterstelle ich damit den Verbandstrainern etwas, aber ihre Reaktionen waren unberechenbar, und wir wollten unsere Karrieren nicht riskieren. Wir waren schon froh und dankbar, dass wir mittlerweile als Frauen im Bobsport akzeptiert waren. So lebte ich meine Liebe zu Sabina während meiner Aktivzeit versteckt. Diese endete 2007 nach den Weltmeisterschaften in St. Moritz.

Seit einigen Jahren stehen wir zu unserer Liebe. Die negativen Reaktionen blieben aus – im privaten Umfeld, im Beruf und auch im Sport»

Das Buch

Im neuen Buch «Vorbild und Vorurteil. Lesbische Spitzensportlerinnen erzählen» reden 28 junge und ältere Frauen aus unterschiedlichsten Sportarten über ihr Leben. In einer vierteiligen Serie drucken wir gekürzte Fassungen ab.

Das Buch erscheint im Verlag «HIER UND JETZT», hat 272 Seiten und kostet 39 Franken. Für BLICK-Leser gibt es eine spezielle Aktion: Sie bezahlen nur 32 Franken, ohne Portokosten. Zu bestellen per E-Mail an admin@hierundjetzt.ch oder telefonisch 056 470 03 00, jeweils mit dem Stichwort «BLICK-Aktion».

Weitere Infos finden Sie unter www.vorbildundvorurteil.ch und www.hierundjetzt.ch

Im neuen Buch «Vorbild und Vorurteil. Lesbische Spitzensportlerinnen erzählen» reden 28 junge und ältere Frauen aus unterschiedlichsten Sportarten über ihr Leben. In einer vierteiligen Serie drucken wir gekürzte Fassungen ab.

Das Buch erscheint im Verlag «HIER UND JETZT», hat 272 Seiten und kostet 39 Franken. Für BLICK-Leser gibt es eine spezielle Aktion: Sie bezahlen nur 32 Franken, ohne Portokosten. Zu bestellen per E-Mail an admin@hierundjetzt.ch oder telefonisch 056 470 03 00, jeweils mit dem Stichwort «BLICK-Aktion».

Weitere Infos finden Sie unter www.vorbildundvorurteil.ch und www.hierundjetzt.ch

Sabina Hafner

«Kennengelernt hatte ich Katharina im Sommer vor meiner ersten Saison als Bobpilotin. Ich startete an den Leichtathletik-Schweizermeisterschaften 2003 in Frauenfeld. In der Leichtathletik bereitete ich mich auf meine Bobsaison vor. Katharina war Kugelstosserin. Die erste Begegnung mit ihr war unschön. Katharina musterte mich abschätzig von oben bis unten, und ihr Blick verriet mir: ‹Du mit deiner Postur möchtest Bobpilotin werden?›

Ihr Blick wirkte wie Salz in einer offenen Wunde. Wieder wurde ich aufgrund meiner äusseren Erscheinung unterschätzt. Doch auch dort weckte ihre Äusserung meinen Kampinstinkt. Ich wusste sofort: Diese Frau möchte ich als Anschieberin in meinem Team haben, denn sie ist die Beste, und so ganz nebenbei möchte ich sie auch gleich noch persönlich näher kennenlernen. Und so bekam ich ein halbes Jahr später eine Chance.

Es war an meinen ersten Schweizer Bobmeisterschaften in St. Moritz. Katharina und ich fuhren zusammen – sie war Anschieberin, ich Pilotin. Ich kann mich gut daran erinnern, wie nervös ich gewesen bin. Ich machte mir selbst grossen Druck, denn ich wollte beweisen, zu was ich als junge, unerfahrene Pilotin fähig war. Es fühlte sich gut an, mit ihr zu fahren. Nicht nur, weil wir im Bob perfekt harmonierten, sondern auch, weil ich mich in sie verliebt hatte.

Ich dementierte meine Liebe zu Katharina

Katharina und ich liebten uns. Wir waren seit Ende 2004 ein Paar, lebten diese Liebe aber heimlich. Ich hatte Angst, Sponsoren zu verlieren. Und dieses Risiko konnte und wollte ich nicht eingehen, denn ohne Sponsoren hätte ich nicht Bob fahren können.

Dann kam die Selektion für die Olympischen Spiele. Katharina war zum Zeitpunkt der Selektion am Knie verletzt und konnte die Selektionswettkämpfe nicht bestreiten. Ich wollte und brauchte Katharina für die Olympischen Spiele. Einmal mehr begann ich zu kämpfen: für mich, für Katharina, für uns. Was folgte, war ein Schlag ins Gesicht. Die Verbandsverantwortlichen unterstellten mir Befangenheit. Ich wolle Katharina nur als meine Anschieberin mitnehmen, weil wir ein Paar seien. Mir stockte der Atem, als der Sportchef mich damit konfrontierte. ‹Warum wissen die das?›, schoss es mir durch den Kopf. Erst im Nachhinein realisierte ich, dass sie es wohl nicht wussten, aber vermuteten.

Ich dementierte meine Liebe und meine Beziehung zu Katharina – aus Angst, fallen gelassen zu werden. Aber weder mein Kampf noch mein Dementi nützten etwas. Katharina musste zu Hause bleiben. Ich ging ohne sie nach Turin, habe aber im Vorfeld der Spiele aufgrund des psychischen Stresses vier Kilo abgenommen. Am Ende platzierten wir uns auf Rang zehn.

Es waren nicht meine letzten Olympischen Spiele: 2018 in Pyeongchang erreichte ich mit meiner Anschieberin Rahel Rebsamen den neunten Rang. Ein versöhnlicher Abschluss – sportlich und menschlich. Denn am Ende meiner Karriere war auch meine Liebe zu Katharina kein Geheimnis mehr.»

Sabina Hafner und Katharina Sutter

Sabina Hafner (35): Die Baselbieterin nahm dreimal an Olympia teil und gewann an Weltmeisterschaften zwei Medaillen. Nach abgeschlossenem Fachhochschulstudium der Elektrotechnik arbeitet sie heute in der Maschinenbauindustrie.

Katharina Sutter (51): Die Schaffhauserin wurde 2001 Weltmeisterin und verpasste 2002 bei Olympia als Vierte nur knapp eine Medaille. Heute arbeitet sie als selbständige diplomierte Bauleiterin.

Sabina Hafner (35): Die Baselbieterin nahm dreimal an Olympia teil und gewann an Weltmeisterschaften zwei Medaillen. Nach abgeschlossenem Fachhochschulstudium der Elektrotechnik arbeitet sie heute in der Maschinenbauindustrie.

Katharina Sutter (51): Die Schaffhauserin wurde 2001 Weltmeisterin und verpasste 2002 bei Olympia als Vierte nur knapp eine Medaille. Heute arbeitet sie als selbständige diplomierte Bauleiterin.

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