Als ob der Job der Doping-Jäger nicht schon schwer genug wäre, wird durch das Coronavirus die Suche nach Doping-Sündern noch schwieriger.
Ernst König, Direktor von Antidoping Schweiz, sagt zu BLICK: «Bei den Dopingkontrollen haben wir drastisch reduziert. Dadurch, dass keine Wettkämpfe mehr stattfinden und in den meisten Fällen auch keine Trainings mehr, findet ein grosser Teil der Dopingkontrollen im Moment nicht statt.» Die Gesundheit von Sportlern und Kontrolleuren steht im Vordergrund.
Anfang Woche haben die Schweizer Doping-Jäger ihre Aktivitäten heruntergefahren. Wie die Kollegen in den USA, in Grossbritannien, in Italien oder Frankreich. In China sind die Tests seit dem 3. Februar ausgesetzt.
Was den Fahndern auf der ganzen Welt nun noch bleibt? «Man konzentriert sich auf die, die noch im Einsatz sind», sagt Matthias Kamber, Königs Vorgänger und heute unabhängiger Berater im Bereich Anti-Doping. Das sei «sicher korrekt. Wichtig ist, dass man keine Lücken zulässt. Oder diese wenigstens meldet.»
Fokus auf Olympia-Athleten
Weniger Tests heisst aber auch: bessere Chancen für Doper. Für die Anti-Doping-Agenturen geht es im Moment um Schadensbegrenzung. Also darum, mögliche Olympiateilnehmer zu testen. Noch sind die Spiele in Tokio schliesslich nicht abgesagt. «Im Hinblick auf Olympia arbeiten wir daran, dass die Spiele fair und sauber durchgeführt werden können, sollten sie denn stattfinden», so König. «Heisst: Unser Fokus liegt zu einem grossen Teil sicher auf den Athleten und Athletinnen, die für Olympia in Frage kommen. Aber auch alle anderen können weiterhin getestet werden.»
Ein gewisses Test-Grundniveau sei im Moment garantiert, sämtliche Hygiene-Vorschriften und Vorsichtsmassnahmen, die das Bundesamt für Gesundheit erlassen hat, würden umgesetzt. Was nicht immer einfach ist, wenn es zum Beispiel darum geht, bei der Abnahme einer Urinprobe den Athleten im Blick und trotzdem zwei Meter Abstand zu haben.
Corona-Ausreden sind derweil auch nicht gültig. König: «Bei einer Dopingkontrolle einfach zu sagen, man sei krank oder sogar mit dem Coronavirus infiziert, das wird nicht reichen. Wir fordern dafür einen medizinischen Nachweis, wie in allen anderen Fällen auch, wenn es angebliche Gründe gibt, dass eine Kontrolle nicht durchgefühert werden soll. Hier wird es von unserer Seite keine Sonderbehandlung geben.»
Schwierig würde es, wenn die gesellschaftlichen Einschränkungen noch härter würden, glaubt Kamber. «Wenn sich die Lage weiter verschärft, mit Ausgangssperren zum Beispiel, dann wird die Doping-Bekämpfung eingestellt.»
Wilson: «Stunde der Doper ist gekommen»
Wie stark die Tests bereits reduziert wurden, zeigt das Beispiel des schnellsten Mannes der Schweiz. «Jetzt ist die Stunde der Doper gekommen», sagt Sprinter Alex Wilson der «Basler Zeitung», der im Moment in Florida trainiert. «Seit ich hier in Orlando bin, wurde ich noch nie kontrolliert, obwohl sie jederzeit darüber informiert sind, wo ich mich aufhalte. Das ist doch traurig! Und ein riesiger Rückschritt.»
Kamber bleibt da optimistischer. «Ich denke nicht, dass das der erste Gedanke der Athleten ist. Die Verurteilung wäre noch schärfer, wenn das eines Tages rauskommt.»