Keine 24 Stunden nach dem «Wunder von Neuenburg» werden unsere Unihockey-Frauen in Neuenburg erneut gefeiert. Der Unterschied: Im Gegensatz zur irren Wende im Halbfinal müssen die Schweizerinnen im Final nach der Verlängerung als Verliererinnen vom Platz. Nur Minuten zuvor haben sie diese Verlängerung durch das 2:2 von Corin Rüttimann erst möglich gemacht.
Am Tag, nachdem sie an der Heim-WM für die vielleicht unglaublichste Aufholjagd der Schweizer Sportgeschichte verantwortlich sind, spielt sich im Final das nächste Unihockey-Drama ab. «Nach diesem Spiel ist die grösste Schwierigkeit, wieder runterzufahren», sagt Nati-Trainer Rolf Kern noch zwischen Halbfinal und Final.
Doch die Schweizerinnen machen am Sonntagnachmittag genau in jenem Stil weiter, in dem sie tags zuvor in den letzten 79 Sekunden einen 2:6-Rückstand gegen die Tschechinnen erst in ein 6:6 und später in der Verlängerung in einen 7:6-Sieg verwandelt haben. Sie spielen selbstbewusst auf, setzen die sechsfachen Titelverteidigerinnen sofort unter Druck. Schon in der zweiten Final-Minute trifft Margrit Scheidegger nach einer herrlichen Kombination ins verwaiste Tor zum 1:0. Die «Patinoire du Littoral» steht sofort wieder Kopf, das Unihockey-Fieber hat die Schweiz fest im Griff.
Praktisch im kompletten ersten Drittel dominieren die Schweizerinnen die Unihockey-Grossmacht. Die fast 4000 Fans in der ausverkauften Halle sind bereits wieder in Party-Laune. Einziger Stimmungs-Dämpfer ist das Eigentor durch Seraina Ulber, dank dem Schweden noch vor der ersten Pause zum schmeichelhaften Ausgleich kommt.
Im Mitteldrittel nimmt der WM-Final jenen Lauf, der nach Papierform aus Schweizer Sicht befürchtet werden musste. Die Schwedinnen übernehmen das Spieldiktat und die Führung. Dass die Zuschauer in den Genuss eines Krimis kommen, liegt auch am Schiri, der aufgrund nicht eindeutiger Video-Bilder das 3:1 der Schwedinnen nicht anerkennt.
Tränen nach dem Final
Als die Schweizerinnen zu ihrem Erfolgsrezept vom Samstag greifen und die sackstarke Torfrau Lara Heini durch eine zusätzliche Feldspielerin ersetzen, fällt durch Rüttimann acht Sekunden vor Schluss tatsächlich noch der Ausgleich. Die Fans glauben wieder ganz fest ans zweite WM-Wunder innert 24 Stunden. Diese Hoffnungen zerstört Hultgren mit dem 3:2 in der zweiten Minute der Verlängerung. Die Goldmedaille geht erneut nach Schweden. «Im Moment schmerzt es u huerre», sagt Rüttimann unter Tränen ins SRF-Mikrofon. «So eine Winner-Mentalität wie wir sie haben, das ist abartig. Es ist gerade aber präsenter, dass wir den WM-Final verloren haben.» Tränen gibts auch bei Seraina Ulber, die mit der Heim-WM ihre Nati-Karriere beendet.
Nach zuletzt drei Mal WM-Bronze gibts für die Schweizerinnen nun also Silber. Eine Silbermedaille, die dank des sporthistorischen Halbfinals und des Final-Krimis trotzdem goldig glänzt.
Unihockey: WM-Final Schweiz – Schweden im Liveticker