An Silvester nimmt man sich vor, im neuen Jahr die Ziele vom Vorjahr zu erreichen, die man sich bereits vor zwei Jahren schon gesetzt, aber seither nicht erreicht hat. Und trinkt dann ob der ernüchternden Bilanz gern einen über den Durst, obwohl man weiss, dass ein Jahresbeginn mit brummendem Kopf auch nicht die Lösung ist.
Der Neujahrskater gehört zu den Schwächen des Menschen, der sehenden Auges und bei intaktem Verstand immer wieder Dinge tut, ohne sich über die Folgen so richtig bewusst zu sein. Oder die Konsequenzen auszublenden. Es gibt in diesem Gebiet sogar ausgesprochene Spezialisten.
Die pilgern im Juli und August nach Italien in die Sommerferien und beschweren sich hinterher, dass es viel zu heiss gewesen sei. Oder buchen einen Tauchkurs und schimpfen danach, dass sie nasse Füsse bekommen haben.
Solche Spezialisten gibt es auch im Sport. In der zweiten Jahreshälfte 2023 hat der rasante Absturz des FC Basel die Fussballschweiz in Atem gehalten. Und jetzt schlägt Präsident David Degen Alarm. «Wir können uns den St. Jakob-Park bei weitem nicht leisten», verkündet er in einem hilfeschreienden Interview in der «Aargauer Zeitung».
Und er kritisiert erneut, dass er offenbar eine desolate finanzielle Situation vorgefunden habe. «Wir haben sogar noch Bundesdarlehen aus Corona-Zeiten, die wir abzahlen müssen.» Gleichzeitig versetzt er den Anhang der Basler in Angst und Schrecken, kritisiert die Kantone Basel-Landschaft und Basel-Stadt und sagt: «Das Joggeli ist für uns nicht finanzierbar. Ich würde aus dem Stadion ausziehen. Sofort.»
Man könnte in einer spontanen Reaktion fast ein wenig Mitleid mit Degen und seiner «Mission Impossible» bekommen. Aber bei genauerer Betrachtung ist er genau der Mann, der einen Tauchkurs gebucht hat und sich jetzt über nasse Füsse beschwert. Denn Degen hat 2021 nicht die Katze im Sack gekauft.
Er war schon vor der Übernahme des FCB Aktionär und im Verwaltungsrat. Er hatte Zugang zu allen Büchern und allen Verträgen, er hat die Rahmenbedingungen, auch die Zwänge rund um das Stadion genau gekannt und hat trotzdem den Klub nach einem erbitterten Machtkampf an sich gerissen. Er, der den Verein seit vielen Jahren in- und auswendig kennt, sagt jetzt offenbar total überrascht: «Es ist wie im Hamsterrad. Du läufst und läufst und läufst – doch irgendwann musst du dich befreien.»
Der quirlige Degen sieht sich als weisser Ritter, der den FCB vor einer feindlichen Übernahme gerettet hat. In Tat und Wahrheit hat er sich sehenden Auges in ein Abenteuer gestürzt, aber die Konsequenzen seines Tuns einfach ausgeblendet.
«Trial and error», also «Versuch und Irrtum», gibt es als Methode in der Problemlösung. Degen hat es versucht. Es wird eine der Schlüsselfragen im neuen Sportjahr sein, ob der FCB mit ihm die Kurve kriegt. Der Schweizer Klubfussball ist auf einen starken FCB angewiesen.
«Wenn ich das Problem bin, übergebe ich den Schlüssel und bin weg», sagt Degen. Vielleicht gar kein schlechter Neujahrsvorsatz.