Steffi Buchli und Claudia Lässer im Blick-Sport-Studio – kommt das gut? Wer denkt, die beiden Konkurrentinnen kratzen sich gegenseitig die Augen aus, liegt völlig falsch. Die beiden wichtigsten Sport-TV-Frauen der Schweiz begrüssen sich so herzlich, als hätten sie schon die Kindheit zusammen verbracht. Beide sind mit knapp über 40 Jahren fast gleich alt, aber ihre erste richtige Begegnung hatten sie erst 2016, als Buchli bei Lässer im Persönlich-Talk zu Gast war. Beim Foto-Shooting posieren die beiden Powerfrauen mit Fussball- und Schlittschuhen und kommen sich dabei gefährlich nahe. «Buchli schlitzt Lässer auf!», scherzt die MySports-Programmleiterin. «Ja, das wäre eine Schlagzeile», amüsiert sich die Teleclub-Sportchefin.
BLICK: Wie oft schaut ihr bei der Konkurrenz rein?
Buchli: Ich schaue sehr oft, was Teleclub und SRF machen. Ich finde das enorm wichtig. Gerade bei unserer Eishockey-Konferenz haben wir vorher bei Sky die Bundesliga genau verfolgt. Wenn wir nicht mehr über die Grenze schauen, dann können wir dichtmachen.
Lacht man sich ins Fäustchen, wenn am Dienstag auf SRF 2 ein Spielfilm statt Champions League läuft?
Lässer: Nein, absolut nicht.
Buchli: Ach, komm schon – ein bisschen schon. Für euch ist dieser Deal doch ein riesiger Coup.
Lässer: Klar, sind wir stolz darauf, Exklusivität ist für uns sehr wichtig, aber wir müssen auf uns selber schauen.
Und ein neidischer Blick aufs Hockey-Angebot von My Sports?
Lässer: Nein, das bringt einen im Leben nicht weiter. Konkurrenzkampf belebt das Geschäft und ist eine spannende Challenge. Am Ende musst du jedoch als Team einen guten Job machen, dann zahlt sich das auch aus.
Und wenn ihr euch im Alltag begegnet, macht ihr da keinen Bogen?
Lässer: Wir sehen uns ja kaum. Vielleicht denken die Leute, wir treffen uns an Cüpli-Partys oder so, aber das ist selten. Da sieht man mal, wie viel wir arbeiten.
Buchli: Ich finde die ganze Beziehung sehr befruchtend und spannend. Ohne Teleclub würde es MySports nicht geben.
Das ist die geschäftliche Seite. Was ist, wenn ihr beide allein in einem Lift steckenbleibt?
Lässer: Ich glaube, dann würden wir wahrscheinlich über Kinder reden. Wir würden sicher nicht übers Geschäft reden, oder?
Buchli: Wir würden wohl über ganz verschiedene Sachen plaudern. Unangenehm wäre es sicher nicht. Aber dennoch würden wir natürlich auch den Alarmknopf drücken.
Lässer: Das glaube ich auch nicht. Ausser du hast Platzangst, Steffi. Lustig, ist ja, das wir uns ganz lange nicht über den Weg gelaufen sind. Die erste Begegnung war ja erst vor drei Jahren bei mir im Persönlich-Talk auf Teleclub.
MySports läuft erst seit zwei Jahren. Wie stürmisch ist es im Moment?
Buchli: Die Wogen glätten sich langsam. Die Start-up-Phase haben wir überstanden, wir sind nun besser koordiniert und können auf Erfahrungen zurückgreifen. Vieles ist jedoch immer noch neu, aber das gefällt mir auch.
Sie lancierte ihre Laufbahn nach einem Bank-Praktikum beim Privat-Radio und startete mit 25 Jahren beim SRF Sport vor der Kamera durch. Zu den Höhenpunkten ihrer Karriere zählt sie die Sports Awards oder die Moderation der Olympischen Spiele in Rio. 2017 wagte sie den Wechsel zum neuen UPC-Sender MySports als Programmchefin. Buchli ist mit Florian Kohler (45) verheiratet und Mutter einer dreieinhalbjährigen Tochter. Die Familie lebt am Zürichsee.
Sie lancierte ihre Laufbahn nach einem Bank-Praktikum beim Privat-Radio und startete mit 25 Jahren beim SRF Sport vor der Kamera durch. Zu den Höhenpunkten ihrer Karriere zählt sie die Sports Awards oder die Moderation der Olympischen Spiele in Rio. 2017 wagte sie den Wechsel zum neuen UPC-Sender MySports als Programmchefin. Buchli ist mit Florian Kohler (45) verheiratet und Mutter einer dreieinhalbjährigen Tochter. Die Familie lebt am Zürichsee.
Der Saisonstart im Eishockey ist dabei wohl die härteste Zeit.
Buchli: Es ist eine sehr wilde Zeit, der Druck steigt plötzlich hoch. Bei aller Routine, müssen wir wieder neu in die Spur finden. Wir machen teilweise noch Fehler, die man eigentlich verhindern könnte. Der Druck steigt, es ist eine anstrengende Zeit.
Wie ist es beim Teleclub, einem etablierten Sender?
Lässer: Bei uns ist jetzt auch die intensivste Zeit mit der Gruppenphase der Champions League. Ich bin jetzt seit sieben Jahren beim Teleclub und wir erfinden uns auch ständig wieder neu. Kaum steht ein Konzept, wird es schon wieder überholt. Agilität ist in der heutigen Zeit unglaublich wichtig. Aber mir gefällt diese Dynamik.
Die Spiele geniesst man dann aber entspannt auf dem Sofa.
Lässer: Bei normalen Spielen schon. Aber die Champions-League-Abende verbringen wir meist bei uns im Studio, denn es ist mir wichtig, bei der Produktion unseres Flaggschiffprodukts vor Ort zu sein. Wir übertragen ja alle Spiele der Königsklasse sowie diverser anderer Fussball-Ligen. Wir produzieren teilweise bis zu 20 Studios pro Woche. Gedanklich bin ich aber bereits beim Konzept und Budget fürs 2020.
Wie sehr schmerzt es, dass die Champions League ohne Schweizer Beteiligung stattfindet?
Lässer: Das tut schon ein bisschen weh. Natürlich wäre es sowohl für unser Programm als auch für unsere Zuschauerzahlen sehr schön gewesen, wenn YB sich hätte qualifizieren können. Die letzte Saison war in dieser Hinsicht ja fantastisch, und in Zukunft wird es für Schweizer Mannschaften bekanntlich immer schwieriger, sich für die Königsklasse zu qualifizieren.
Beim Eishockey ist es unmöglich, alle Spiele im Studio zu verfolgen.
Buchli: Ja, der Sender funktioniert aber auch, wenn ich nicht immer dabei bin. Ich grenze mich da bewusst ab und nehme auch gerne die Optik des Zuschauers ein. Ein bisschen Distanz finde ich ganz wichtig, sonst verliere ich mich in den Details. Zu Hause entdecke ich, dass wir den Konsumenten mit unserer Kadenz teilweise überfordern.
Wie schwierig war es für euch, von der Moderation in die Chefrolle zu wachsen?
Buchli: Mein Rucksack war beim Wechsel zu MySports schon ziemlich gut gefüllt. Obwohl ich beim SRF nie in einer Gesamtverantwortung geführt habe, hatte ich die Erfahrung, mit Drucksituationen umzugehen – und das nützte mir auch bei der Gründung von MySports.
Lässer: Ich verantworte bei Teleclub 93 Leute und mir hat geholfen, dass ich vorher den Lehrerberuf erlernt habe. Menschen zu entwickeln, fördern und führen, ist die schönste und zugleich grösste Herausforderung. Wie auch zu Hause: Kinder erziehen, hat ja auch ganz viel mit Führung zu tun.
Steffi Buchli, vier Monate nach der Geburt Ihrer Tochter haben Sie wieder gearbeitet und mussten dafür viel Kritik einstecken.
Buchli: Auch drei Jahre später sind wir in unserer Gesellschaft leider immer noch nicht weiter. Ich muss mich immer noch rechtfertigen, dass ich trotz Kind gerne arbeiten gehe. Es bestehen immer noch sehr enge Leitplanken und Vorstellungen, wie eine Mutter ihr Leben zu führen hat.
Kommt das vor allem von anderen Müttern?
Lässer: Ja, da müssen wir Frauen uns an der eigenen Nase nehmen. Es fehlt schon auch an Akzeptanz zwischen den Frauen. Viele zeigen mit dem Finger auf andere, das war mir lange nicht so bewusst. Aber ich finde es wichtig, dass man alle Familien-Modelle respektiert und auch akzeptiert. Das ist mir persönlich auch als Führungsperson wichtig. Jobsharing und Teilzeit – auch für Väter – muss möglich sein. Wir Frauen müssen zusammenhalten und uns auch gegenseitig unterstützen.
Sie begann ihre Karriere auf dem Laufsteg. Die Miss Ostschweiz von 1996 fand nach der Ausbildung zur Lehrerin bei StarTV ihre wahre Bühne und moderierte Sendungen wie «Fashion» und «Freestyle». 2008 wechselte sie zum Schweizer Sportfernsehen und schaffte dort den Sprung an die Spitze. Seit 2012 ist sie beim Teleclub und leitet dort den Sport, Teleclub Zoom und Bluewin. Sie lebt mit ihrem Mann Simon Raeber (47) und der gemeinsamen Tochter Linn (5) am Greifensee.
Sie begann ihre Karriere auf dem Laufsteg. Die Miss Ostschweiz von 1996 fand nach der Ausbildung zur Lehrerin bei StarTV ihre wahre Bühne und moderierte Sendungen wie «Fashion» und «Freestyle». 2008 wechselte sie zum Schweizer Sportfernsehen und schaffte dort den Sprung an die Spitze. Seit 2012 ist sie beim Teleclub und leitet dort den Sport, Teleclub Zoom und Bluewin. Sie lebt mit ihrem Mann Simon Raeber (47) und der gemeinsamen Tochter Linn (5) am Greifensee.
Ihr habt beide beruflich ein Leben auf der Überholspur. Was passiert damit, wenn plötzlich ein Kind da ist?
Buchli: Ich habe mich immer extrem auf meine Karriere fokussiert. Ich wollte immer die Beste sein und habe mich extrem gefordert. Und auf einmal kommt da so ein kleiner Wurm auf die Welt – das relativiert plötzlich alles. Ich komme so gerne nach Hause und vergesse dann alles.
Lässer: Ein Kind auf die Welt zu bringen, ist so ein grossartiges universelles Erlebnis, das ist Liebe in einer ganz neuen Form. Ich geniesse meine Tochter in vollen Zügen, das Geschäft ist dann weit weg. Nur sie ist dann wichtig, mit ein paar Ausnahmesituationen. Die Balance stimmt für mich.
Und plötzlich kommt dann die zündende Idee?
Lässer: Ja, das passiert relativ oft. Beim Basteln oder Malen – dann schreib ich mir das rasch auf. Aber ich musste lernen, mein Handy weit wegzulegen. In der Hosentasche geht gar nicht.
Buchli: Das Handy ist ein Teufelsgerät. Das Ding macht immer Theater, auch im Alltag mit meiner Tochter. Deshalb lege ich es zu Hause weit oben ins Büchergestell. Ganz nach dem Motto: Führe uns nicht in Versuchung.
Wie offensiv seid Ihr beim Thema Emanzipation und Sexismus?
Buchli: Ich bin da heute sehr offensiv – im Sinn von Frauen stark machen. Als etablierte Geschäftsfrauen habe wir eine Verpflichtung gegenüber jungen Frauen. Als junge Frau will man es allen recht machen und das verhindert oft, dass man klare Grenzen setzt im Büro. Eine Praktikantin soll sich unbedingt wehren, wenn der Spruch fällt, dass sie doch Kaffee holen soll, weil sie das so gut könne. Solche Sprüche sind schlecht und von vorgestern. Bei Sitzungen warte ich gerne, bis auch mal ein Mann die Initiative übernimmt.
Gibt es konkrete Beispiele von Sexismus während der Karriere?
Buchli: Ich hatte nie eine Opferrolle, war aber vielen Sprüchen ausgesetzt. Damals habe ich mitgelacht, aber heute bleibt mir das Lachen bisweilen im Hals stecken – und dann reagiere ich.
Lässer: Es braucht in einem Unternehmen Werte und klare Ansagen, zudem müssen wir Frauen uns trauen, klare Grenzen zu setzen. Es braucht meiner Meinung nach aber auch weibliche Vorbilder, die einen ermutigen, Stopp zu sagen. Mir ist wichtig, dass meine Tochter eine starke, selbstbewusste Frau wird.
Claudia Lässer, Sie waren zu Beginn Ihrer Laufbahn Model. Wie sehr hat Ihnen das Aussehen geholfen.
Lässer: Ich staune immer wieder, dass das immer noch so ein grosses Thema ist. Man fragt ja auch keinen Mann, wie weit ihn sein Charisma oder Auftreten gebracht hat. Am Ende setzt sich Fachkompetenz durch, unabhängig vom Geschlecht. Natürlich ist es auch eine Kombination von Wirkung und Inhalt. Es hat niemand einfach einen Job, nur weil er gut aussieht. Das wird nie funktionieren.
Wie gross ist das Thema Burnout bei euch?
Buchli: Ich hatte schon einige Situationen, bei denen ich am Burnout vorbeigeschrammt bin. Aber ich hatte immer das Glück, dass mir der Körper das frühzeitig signalisiert. Ich klappe einfach zusammen, krank, peng. Ich schlafe dann 36 Stunden und bin wieder da. Eine Art Wiederauferstehung. Ich hatte das kurz vor der Lancierung von MySports, der Zeitplan war eng, der Druck enorm. Ich dachte, 18 Stunden arbeiten sei besser als 16 Stunden. Das war Blödsinn. Man wird fahrig und dünnhäutig. Dann kam der Kollaps. Das war ein Schreckmoment. Seither habe ich Regeln im Umgang mit mir selbst.
Welche?
Buchli: Wenn meine Tochter im Bett ist und wir Ruhe haben, dann wäre es ja reizvoll, jeden Abend den Laptop wieder aufzuklappen. Aber nein, das mache ich nicht mehr. Da bin ich jetzt strikt.
Lässer: Ich kenne das auch, der Körper meldet sich dann sehr schnell. Irgendwann kommt eine Grippe, die dann nicht einfach nach 18 Stunden vorbei ist. Ich bin ein sehr exzessiver Mensch. Ich mache immer alles ganz oder gar nicht. Wenn ich mich erhole, dann mache ich einfach gar nichts. Aber bei der Arbeit bin ich sehr exzessiv. Wenn die Arbeit so viel Spass macht, besteht die Gefahr, dass man alles um sich herum vergisst. Deshalb ist Achtsamkeit sehr wichtig, und dass man sich – auch als Mami – vor allem mal Zeit für sich nimmt. Ich musste lernen, die Ich-Zeit einzuführen. Ohne Distanz zum Job verliert man sich.
Fernsehen machen macht süchtig.
Buchli: Definitiv. Es ist etwas extrem Schönes, vor allem das Teamwork. Das Herz ist die Regie, wo alle Zahnräder ineinandergreifen. Das ist auch nach all den Jahren immer noch faszinierend.
Vor der Kamera stehen, ist wie eine Droge.
Lässer: Ich moderiere ja nur noch meine eigene Talk-Sendung. Ich mache nichts mehr, was die anderen Moderatoren bei uns im Team abdecken. Mir ist es wichtig, auf der Metaebene Feedback geben zu können. Aber ich moderiere nach wie vor gerne, und das hilft mir auch, die Arbeit meiner Mitarbeiter zu verstehen. Es braucht Mut, vor der Kamera zu stehen. Wie gross ist die Angst, nicht mehr vor der Kamera zu sein?
Buchli: Diese Angst hatte ich nie, ich definiere mich auch nicht über die TV-Wirkung. Bei SRF hatte ich jahrelang die grösstmögliche Bühne, das habe ich mit dem Sport-Spartensender nicht mehr. Aber dieser Wechsel war für mich ganz organisch, weil ich jetzt viel mehr Möglichkeiten habe.
Habt ihr selber noch Idole im Sport oder seid ihr da völlig abgestumpft?
Lässer: Mich fasziniert halt Roger Federer. Was er leistet, ist für mich ausserordentlich. Mich beeindruckt seine Bodenständigkeit. Obwohl er ein Weltstar ist, habe ich das Gefühl, dass er noch der Roger wie vor 20 Jahren ist. Und trotz all seinen Erfolgen hat er eine total coole Familie.
Buchli: Federer ist ein Phänomen, das man gar nicht richtig fassen kann. Erst wenn er zurücktritt, werden wir wohl begreifen, wie extraordinär seine Karriere ist. Wir werden noch Jahrzehnte später über ihn reden.
Bei Federer sind sich fast alle einig, bei Xherdan Shaqiri ist die Schweiz gespalten.
Lässer: Man weiss ja nicht genau, was vorgefallen ist. Aber ich kann gut verstehen, dass er sich zurückzieht. Der Fall zeigt, wie wichtig die Kommunikation ist. Per SMS zu kommunizieren, ist sicher nicht der richtige Weg. Es braucht in solchen Fällen ein gemeinsames, lösungsorientiertes Gespräch.
Buchli: Ich glaube auch, dass es sich um ein Kommunikationsproblem handelt. Das hat nichts mehr mit Sport zu tun. Die Nati hat im Moment so viele Nebenschauplätze, dass ich mir wünsche, dass es bald wieder um positive Emotionen geht. Es hat im Moment fast keinen Platz für Euphorie.
Eine ganz grosse Schweizer Figur ist Christian Stucki. Was hat er bei euch ausgelöst?
Buchli: Er war mein Königstipp. Ich mag Chrigu sehr. Ich habe ihn mal beim Jassen kennengelernt und sofort ins Herz geschlossen.
Lässer: Stucki ist ein toller Kerl. Er ist für mich ein Knuddelbär und eine grosse Persönlichkeit. Am Fernseher kam er richtig gut rüber. Ich war beeindruckt, wie SRF das Eidgenössische produziert hat, das war top. Ich habe mich am Ende so für Stucki gefreut, dass ich zu Hause mit der Familie wie wild in der Stube rumgehüpft bin.