Wie gehts eigentlich Jack Günthard? Es ist längst ruhig geworden um den einstigen Schweizer Turn-Adonis. Ein langjähriger Weggefährte an der Eidgenössischen Turn- und Sportschule in Magglingen erzählt vom Mann, der am vergangenen 8. Januar seinen 96. Geburtstag feierte. «Ich habe Jack im Herbst das letzte Mal getroffen, bei der Beerdigung seiner Frau Louise.» Mit ihr hat Günthard nach dem Verkauf seines Hauses in Magglingen in der Bieler «Residenz Au Lac» in einer Alterswohnung den Lebensabend verbracht. «Er kam im Rollstuhl, ist ein alter Mann geworden, hat nicht mehr viel geredet», sagt der Bekannte. «Aber sogar da hat sich Jack noch bemüht, seinen Stolz zu zeigen.» Brust raus, mit bolzengeradem Oberkörper sei er zwischendurch im Stuhl gesessen, doch seine schwindende Kraft erlaubte solche Momente nur noch kurz.
Aber sie zeigen den Jack Günthard, wie er leibt und lebt. Der stolze Zürcher, auf dem Hirzel geboren, später in Wädenswil aufgewachsen, Schriftsetzer gelernt und nebenher die Matura gemacht, um dann an der Zürcher ETH Sport zu studieren. Und 1952 während der Semesterferien in Helsinki als bereits 32-Jähriger Olympiasieger am Reck zu werden. Mit 37 Jahren wurde er nochmals Europameister an Barren und Reck, dann war als Aktiver mit der Karriere Schluss.
Doch Jack Günthard wurde das Kunstturn-Virus nicht mehr los. Seine Bewerbung als Nationaltrainer lehnte der Schweizer Verband vorerst ab, und Günthard zog zu den Italienern, wo er 1964 in Tokio mit Boden-Olympiasieger Franco Menichelli sein erstes Meisterstück ablieferte.
Erst danach war Jack dem Schweizer Verband genehm. Als vollamtlicher Nationaltrainer in Magglingen prägte er diesen Sport von 1965 bis zur Pensionierung. Sein Aushängeschild: die Günthard-Boys mit Turnern wie Roland Hürzeler, Ueli Bachmann, Peter Rohner, Hans Ettlin, Marco Piatti, Armin Vock oder Philippe Gaille. Wenn sie zu Länderkämpfen antraten, füllten sie gar das Zürcher Hallenstadion.
Auch das ein Verdienst von Jack Günthard. Denn der Coach war auch ein ausgezeichneter Verkäufer. Wo er mit seinem Porsche vorfuhr, wurde er umjubelt. Er initiierte eine eigene Fernsehshow, wo Bilder des Künstlers Hans Erni versteigert wurden und der Erlös seinen Turnern zugute kam. Längst vor allen andern hatte er beim Training in Magglingen mit einer riesigen Kamera getüftelt und die Übungen seiner Turner aufgenommen und danach bis ins letzte Detail analysiert.
Oder die Radiosendung in den 70er-Jahren: Bei «Fit mit Jack» war Günthard der Vorturner der Nation. Eins, zwei, drei, vier – in militärischem, aber doch animierendem Ton bewegte er jeden Morgen die Nation. Mancher Oberturner hat mitgeschrieben und damit sein Programm für den Abend gehabt.