Unser Turnstar hat den besten Lehrer
Beni lehrt Giulia das «Schnurre»

Nicht ihre Sprunge, ihre Stimme verzaubert heute beim Swiss Cup das Zürcher Hallenstadion. Schliesslich hat Turnstar Giulia Steingruber den besten Lehrer: Beni Thurnheer.
Publiziert: 06.11.2016 um 12:02 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 07:20 Uhr
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Thurnheer zu Steingruber: «Rede rein, wenn du was zu sagen hast».
Foto: Joseph Khakshouri
Cécile Klotzbach (Text) und Joseph Khakshouri (Fotos)

Regel Nummer 1: Ja nichts vorbereiten!» Mit diesen Worten leitet Beni Thurnheer seine Lehrstunde für Giulia Steingruber ein. Sie soll als Moderatorin an der Seite des bekannten Stadionspeakers Dagobert Cahannes durch den internationalen Paar-Wettkampf «Swiss Cup» (SRF 2 live ab 13.15 Uhr) führen. Am «Giulia Kidz Day» in Wallisellen holt sich die Schweizer Turn-Königin von der TV-Legende wertvolle Tipps.

Regel Nummer 1 klingt beim Schnurri der Nation sehr glaubhaft. Thurnheer kommentiert, wie ihm der Schnabel gewachsen ist, steht zur Naivität in gewissen Fachgebieten, ist dafür mit Spon­taneität und viel Witz stets nah beim Publikum.

Diese Qualitäten legt er auch Steingruber nahe. «Dein Co-Moderator weiss alle Fakten. Aber du bist die Expertin, kennst die Athleten-Sicht. Erzähl, was er nicht weiss. Warte nicht auf seine Fragen – das ist gefährlich, denn du könntest die Antwort auch nicht wissen. Drücke einfach ­mutig den Knopf und interveniere als Fachfrau. Rede rein, wenn du was zu sagen hast», sprudelt es aus ihm heraus.

Steingrubers Sorge

Der 67-jährige Winterthurer spricht aus Erfahrung. Die 22-jährige Gossauerin hört aufmerksam zu. «Hoffentlich lasse ich keinen Seich raus», sagt Giulia lachend. «Keine Sorge», winkt Beni ab, «du hast bei Zuschauern und Hörern einen Bonus. Du kannst dich gar nicht blamieren.»

Da hat er recht. Die Fans im ­Hallenstadion werden der fünf-fachen Europameisterin und olympischen Bronzemedaillen-Gewinnerin von Rio an den Lippen hängen. Ihre Worte aufsaugen, wenn sie Giulia schon nicht turnen sehen können. Wegen der Fussverletzung, die sie sich in Rio beim verpatzten ­Bodenfinal zugezogen hat, kann sie nicht als grosser Heimstar beim Swiss Cup antreten. «Das ist so schade. Es ist normalerweise das perfekte Saisonende», sagt Giulia, «aber auf diese Art kann ich wenigstens überhaupt dabei sein.»

Im Gegensatz zu Beni Thurnheer. Nachdem er uns in Rio stundenlang mit seinem ­losen Mundwerk bei Laune hielt, «schnurrt» er nun auch im Kunstturnen nicht mehr. Im Fussball wurde es ja schon ­länger ruhig um ihn. Seinen Platz neben TV-Experte ­Roman Schweizer nimmt ­heute erstmals Stefan Hofmänner ein.

Es sei ein Unterschied, ob man am Fernseher oder in der Halle ­moderiere, erklärt der Meister ­seinem Lehrling. «Am TV sprichst du zum Einzelnen. In der Halle sprichst du bei höherem Lärm-pegel zu vielen Leuten. Das bringt uns zu Regel Nummer 2: Laut, langsam und deutlich reden! Am schlimmsten ist, wenn du schüchtern bist und gar nichts sagst.»

«Von ihren Erfolgen können wir alle was lernen»

Zu wenig Mut sei oft ein Frauenproblem, weiss Beni national, zu wenig tiefe Stimmen ebenfalls. Aber bei der Ostschweizerin macht er sich keine Sorgen: «Sie hat keine Pieps-Stimme. Und sie bewies in ihrem Sport schon oft, wie extrem lernfähig sie ist. Giulia ist ein Selbstläufer», ist er sicher. «Von ihren Erfolgen, ihrer Disziplin und Konzentrationsfähigkeit können wir alle was lernen.»

Noch ein paar Handgriffe an Kopfhörer und Schalter-Armatur üben – dann ist Beni auch schon fertig mit seiner Einführung in die Kunst des Moderierens. «Pass auf, dass du nie den On- mit dem Off-Knopf verwechselst. Damit dich niemand hört, wenn du sagst was turnt denn die Pumpi dort Mehr braucht die Schülerin seiner Meinung nach gar nicht zu wissen. «Kommentieren ist ein Beruf, der ­gelernt sein will. Aber die Basis ist hiermit gelegt, der Rest kommt mit Erfahrung.»

Giulia will die Tipps, die ihr Altmeister Thurnheer mitgegeben hat, beherzigen: «Das war sehr interessant, ich freue mich extrem. Aber ich werde dennoch nervös sein. Bestimmt finde ich die treffenden Worte nicht immer.» Wäre der Job auch was für die Zeit nach der Turn-Karriere? «Vielleicht schon», antwortet Steingruber, «aber noch denke ich nicht ans Aufhören. Ich hoffe sehr, nächstes Jahr wieder als Turnerin beim Swiss Cup anzutreten.»

Bei Salti und Schrauben durch die Luft ist Giulia trotz allem mehr in ihrem Element als beim «Schnurre».

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