Im August hatte sich Giulia bei Olympia in Rio noch im Himmel gefühlt – Bronze im Sprung. Doch seither wurde es sportlich für die St. Gallerin aus Gossau dunkler. Die Fussverletzung, die sie sich in Rio im Boden-Final zuzog, erforderte eine Operation. Giulia muss noch eine Weile auf Wettkämpfe verzichten.
Doch was sind ihre körperlichen Gebrechen? Diese Frage stellt sich Giulia nicht erst seit Freitag. Die Frage hat die Sportlerin ihr ganzes Leben lang begleitet. Wie gut es ihr ging, hat sie in der eigenen Familie gesehen.
Bei ihrer Schwester Désirée. Die ist geistig und körperlich seit Geburt schwerst behindert. Vor eineinhalb Jahren verlor sie auch noch das Augenlicht. Darum hat sich Giulia jedesmal auf die Wochenenden gefreut. Dann kehrte die aus dem Trainingscamp Magglingen zur Familie in die Ostschweiz zurück. Auch Désirée kam aus dem Heim für betreutes Wohnen in Wittenbach SG jeweils jedes zweite Wochenende nach Hause.
Die ältere Schwester hat von der familiären Umgebung zwar nur noch wenig mitbekommen. «Aber Giulia erkannte sie an der Stimme, an den Geräuschen, die sie im Haus machte. Und dann war Désirée hellwach», hat Mama Fabiola Steingruber im vergangenen Sommer zur NZZ gesagt.
Bei ihr Schwester hat Giulia damit jedesmal Energie für die folgende harte Trainingswoche getankt. Seit Freitag ist das vorbei. Im Alter von 26 Jahren verstarb Désirée Steingruber an einer viralen Lungenentzündung im Kantonsspital St. Gallen.