Olympiasieger von 1952
Kunstturn-Legende Jack Günthard (96) ist tot

Die Schweizer Kunstturn-Legende ist tot. Im hohen Alter von 96 Jahren ist Jack Günthard, Reck-Olympiasieger von 1952, am Sonntag verstorben. Das meldet die «Luzerner Zeitung».
Publiziert: 08.08.2016 um 15:04 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:59 Uhr
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Jack Günthard 1958 mit Loorbeerkranz.
Foto: RDB
Carl Schönenberger

Die Schweizer Turnlegende Jack Günthard ist gestorben. Der Olympiasieger von 1952 ist laut einem Medienbericht am Sonntag «friedlich eingeschlafen». Er wurde 96 Jahre alt.

Ein langjähriger Weggefährte an der Eidgenössischen Turn- und Sportschule in Magglingen erzählt BLICK diesen Frühling vom Mann, der am vergangenen 8. Januar seinen 96. Geburtstag feierte. «Ich habe Jack im Herbst das letzte Mal getroffen, bei der Beerdigung seiner Frau Louise.»

Mit ihr hat Günthard nach dem Verkauf seines Hauses in Magglingen in der Bieler Residenz Au Lac in einer Alterswohnung den Lebensabend verbracht. «Er kam im Rollstuhl zum Abschied von seiner Gattin, ist ein alter Mann geworden, hat nicht mehr viel geredet», sagt der Bekannte. «Aber sogar da hat sich Jack noch bemüht, seinen Stolz zu zeigen.» Brust raus, mit bolzengeradem Oberkörper sei er zwischendurch im Stuhl gesessen, doch seine schwindende Kraft erlaubte solche Momente nur noch kurz.

Aber sie zeigen den Jack Günthard noch einmal so, wie er leibt und gelebt hat. Der stolze Zürcher, auf dem Hirzel geboren, später in Wädenswil aufgewachsen, Schriftsetzer gelernt und nebenher die Matura gemacht, um dann an der Zürcher ETH Sport zu studieren. Und 1952 während der Semesterferien in Helsinki als bereits 32-Jähriger Olympiasieger am Reck zu werden. Mit 37 Jahren wurde er nochmals Europameister an Barren und Reck, dann war als Aktiver mit der Karriere Schluss.

Doch Jack Günthard wurde das Kunstturn-Virus nie mehr los. Seine Bewerbung als Nationaltrainer lehnte der Schweizer Verband vorerst ab und Günthard zog zu den Italienern, wo er 1964 in Tokio mit Boden-Olympiasieger Franco Menichelli sein erstes Meisterstück ablieferte.

Erst danach war Jack dem Schweizer Verband gut genug und genehm. Als vollamtlicher Nationaltrainer in Magglingen prägte er diesen Sport von 1965 bis zur Pensionierung. Sein Aushängeschild: die Günthard-Boys mit Turnern wie Roland Hürzeler, Ueli Bachmann, Peter Rohner, Hans Ettlin, Marco Piatti, Armin Vock oder Philippe Gaille. Wie einst ihr Meister haben auch sie bei Länderkämpfen noch das Hallenstadion gefüllt. Und mit Günthard wesentlich dazu beigetragen, dass der Turn-Verband bis heute mit 3288 Vereinen und 296882 Mitgliedern die grösste Sport-Organisation der Schweiz ist.

Das war auch das Verdienst von Jack Günthard. Denn der Coach war auch ein ausgezeichneter Verkäufer. Wo er mit seinem Porsche vorfuhr, wurde er umjubelt. Er initiierte sogar eine eigene Fernsehshow, wo Bilder des Künstlers Hans Erni versteigert wurden und der Erlös seinen Turnern zugute kam. Längst vor allen anderen, hatte er beim Training in Magglingen mit einer riesigen Kamera getüftelt und die Übungen seiner Turner aufgenommen und danach bis ins letzte Detail analysiert.

Oder die Radio-Sendung in den 70er-Jahren: Bei «Fit mit Jack» wirkte Günthard als Vorturner der Nation. Eins, zwei, drei, vier – in militärischem, aber gleichzeitig animierendem Ton bewegte er jeden Morgen die halbe Nation. Auf dem Landessender Beromünster waren Günthards Anleitungen zur körperlichen Ertüchtigung damals Kult. Mancher Oberturner eines Turnvereins hat dabei mitgeschrieben und damit bereits sein Trainingsprogramm für den Abend gehabt.

Seit Sonntag turnt Jack also mit stolz herausgestreckter Brust, zusammengekniffenem Po und bis in die letzte Faser gestreckten Armen und Beinen im Himmel.

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