Es ist ihr erster Auftritt an einem Grossanlass nach ihrer langen Auszeit. Und obwohl die Erwartungen im Vorfeld der WM in Montreal nicht so hoch wie sonst in den letzten Jahren geschraubt waren, ist Giulia Steingruber ein sicherer Wert wie eh und je.
Die fünffache Europameisterin, die im letzten Jahr mit zweimal Gold an der EM in Bern (Boden und Sprung) sowie Olympia-Bronze in ihrer Paradedisziplin Sprung in Rio geglänzt hatte, turnt in Kanada beinahe so gut, als wäre sie nie weggewesen. Als hätte es in den Zwischen-Monaten keine Motivationkrise gegeben, keine familiäre Tragödie durch den Tod ihrer schwerbehinderten Schwester, keine Fuss-Operation, keinen Trainingsrückstand.
Der WM-Wettkampf beginnt gleich mit Giulias beiden Lieblings-Disziplinen: Sie zeigt eine solide Boden-Übung, aber es gibt ein 0,3 Penalty wegen Übertritts – 13.266 Punkte bedeuten am Ende Rang 13 und damit leider kein Final-Ticket.
Ihre beiden Sprünge gelingen – der Tschussowitina perfekt (15.100), der Jurtschenko, den sie kurzfristig entschieden mit Doppelschraube durchführt, beinahe perfekt (14.400). Mit einem Durchschnitt von 14.750 Punkten liegt die 23-jährige Gossauerin auf Rang 3 der Quali. Dies reicht locker für den Gerätefinal.
So gut wie fehlerfrei gelingen Gulia auch ihre Übungen am Stufenbarren (12.833) und schliesslich am Zittergerät Balken (11.933). Trotzdem verpasst sie an beiden Geräten die Entscheidung um die WM-Medaillen.
Alles in allem aber ein starker Mehrkampf der besten Schweizer Kunstturnerin, die wieder einmal ihre Delegation – bestehend aus Ilaria Käslin (30. im Mehrkampf) sowie Fabienne Studer (53.) – überstrahlt. Mit insgesamt 53.132 Punkten schafft es Steingruber als Elfte auch in der Königsdisziplin in den Final!
Um die Wurst geht es im Mehrkampf in der Nacht auf Samstag (1 Uhr Schweizer Zeit) bzw. im Sprung am Samstagabend (ab 19 Uhr).